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Hybridbauteile - leichter, aber belastbarer

Durch hybride Bauweise lassen sich bei Bauteilen trotz geringem Gewicht hohe Belast­barkeiten erreichen. Dies zeigt das Beispiel einer Gehängeleiste für Teigling-Gärschränke. Die anspruchsvollen Teile, bei deren Entwicklung der Kunststoffspezialist Faigle mass­geblich mitwirkte, bestehen aus verschiedenen Kunststoffen. Bei ihrer Herstellung werden sowohl das Spritzgiessen mit Metall-Inserts als auch das Extrusions- und das Pultrusions­verfahren eingesetzt.

(re) Die Forderungen nach kompakterer Bauweise, geringerem Gewicht und gezieltem Materialeinsatz führt in der Technik immer häufiger dazu, dass die Entwickler das Potenzial hybrid konzipierter Bauteile nutzen. Zu deren Stärken gehören die in jedem Bauteilbereich durch entsprechende Materialwahl gezielt optimierten Eigenschaften.
Hybridbauteile entstehen durch die Kombination unterschiedlicher Materialien und Herstellungsverfahren. Dies ermöglicht die wirtschaftlich optimierte Produktion komplexer Teile, bei denen in jedem Funktionsbereich gezielt der am besten geeignete Werkstoff eingesetzt wird. Einzelne Funktionsbereiche derartiger Teile weisen somit sehr unterschiedliche Eigenschaften auf. Sie können zum Beispiel zugleich biegeweich und torsionssteif sein und dabei optisch attraktiv gestaltete, transparente, strukturierte oder bedruckte Oberflächen besitzen. Zu den Hauptzielen der Entwickler bei der gezielten Nutzung der Materialeigenschaften gehört auch eine optimierte Gewichtsverteilung, beispielsweise durch die Kombination von Werkstoffen mit isotroper oder anisotroper Belastbarkeit.
Die Anwendungstechniker des in Au (SG) ansässigen Kunststoffspezialisten Faigle wirkten kürzlich an der Entwicklung von Hybridbauteilen für die Lebensmittelindustrie mit. Es handelt sich dabei um Gehängeleisten für Gärschränke. Auf diesen Leisten werden in grossen Bäckereien Teiglinge in die Gärschränke eingebracht. Das Anforderungsprofil der eigentlich unscheinbaren Komponenten hat es in sich. Und dessen Erfüllung zeigt, wie durch die Kombination optimaler Materialeigenschaften eine spezielle Produktcharakteristik entstehen kann.

Besonders steife und zähe Profile
Die Gehängeleisten bestehen aus einer Rinne, über die ein Tuch gespannt ist, auf dem die Teiglinge abgelegt werden. Auf beiden Stirnseiten dieser Rinne stabilisieren aufgesteckte und durch Spreiznieten fixierte Seitenteile den Rinnenquerschnitt. Um ihre weiteren Funktionen erfüllen zu können, besitzen die Seitenteile an ihren Aussenseiten jeweils eine Mitnehmerachse aus Metall und eine angespritzte Auflagenocke. Mit den Mitnehmerachsen sind die Gehängeleisten um die horizontale Achse schwenkbar in die beidseitigen Transportketten eingehängt. Da jedoch die Auflagenocken während des Durchlaufs durch den Gärschrank auf den Transportketten aufliegen, bleiben die Gehängeleisten in waagrechter Position. Am Ende des Gärschranks befindet sich der Umkehrpunkt der Kette. Da die Nocken hier nicht mehr auf der Transportkette aufliegen, kippen die Gehängeleisten die Teiglinge ab und übergeben sie so dem Transport zum nächsten Arbeitsschritt. Die mit den Mitnehmerachsen beidseitig an den Transportketten hängenden Leisten bleiben während des Rücklaufs in abgekippter Lage, bis sie wieder am Umkehrpunkt der Transportkette im Einfahrbereich des Gärschrankes ankommen. Von hier an liegen die Nocken wieder auf der Transportkette auf, die nun wieder waagrechten Leisten können erneut mit Teiglingen beladen werden.
Die einzelnen Bestandteile der Gehängeleisten haben eine Reihe von Forderungen zu erfüllen. Daher entschieden sich die Entwickler für die hybride Bauweise als wirtschaftlich und technisch günstigste Lösung. Die verschiedenen Bereiche des Hybridbauteils punkten mit speziellen Eigenschaften.
Die rinnenförmigen Querschnittsprofile der Leisten besitzen Spannweiten zwischen 1200 und 3500 mm. Aufgrund ihrer relativ flachen Bauweise ist das Widerstandsmoment der Profile nur gering. Die Konstrukteure mussten daher darauf achten, dass die Durchbiegung auch in belastetem Zustand in einem akzeptablen Bereich bleibt. Als das am besten geeignete Material für die Profile erwies sich der endlosfaserverstärkte Duroplast des Typs Igorex. Bei diesem Kunststoff von Faigle handelt es sich um ein lebensmitteltaugliches und UV-beständiges Vinylesterharzsystem, das auch bei höherer Temperatur seinen hohen Biege-E-Modul behält. Bei der Pultrusion der Profile legen sich die Verstärkungsfasern genau so, dass sie den Kraftfluss optimal aufnehmen können. Die aus dem endlosfaserverstärkten Hochleistungsverbundstoff hergestellten Profile besitzen somit eine hohe Steifigkeit und Zähigkeit. Igorex erreicht Biegefestigkeiten bis 400 N/mm2, wiegt aber nur ein Viertel von Stahl sowie 75 Prozent von Aluminium und wird aufgrund seines geringen Gewichts immer wieder alternativ eingesetzt.
Um durch leichte Reinigung sehr gute Hygienebedingungen zu erreichen, ist quer über die rinnenförmige Gehängeleiste ein spezielles Tuch mit antimikrobieller Silberionenbeschichtung gespannt, auf das die Teiglinge gelegt werden. Das Tuch wird auf beiden Seiten durch eine Klemmleiste in schwalbenschwanzförmigen Nuten am Gehängeleistenprofil festgeklemmt, sodass es leicht zu wechseln ist. Die Klemmleiste ist ein aus dem Polyamid PAS-120 extrudiertes Profil, das aufgrund seiner elastischen Eigenschaften mit wenig Kraftaufwand in die Nut eingeschnappt werden kann. Der Werkstoff ist kurzzeitig bis 150 °C temperaturbeständig. Da bei der neuen Lösung das Tuch nicht mehr mit Metall in Berührung kommt, besteht auch keine Gefahr mehr, dass die Silberionenbeschichtung des Tuchs elektrochemisch abgebaut wird.

Leisten nehmen wenig Wärme auf
Die beiden komplex gestalteten Seitenteile der Leisten werden durch Spritzgiessen aus dem mit Kurz-Glasfasern verstärkten Polyamid PAS-80 GF30 hergestellt. Sie sind kurzzeitig bis zu 200 °C temperaturbeständig und zeichnen sich durch hohe Präzision, Verzugsfreiheit und Steifigkeit aus. Die Mitnehmerachsen aus rostfreiem Stahl werden als Einlegeteile beim Spritzgiessprozess in die Seitenteile integriert. Die Spreiznieten, mit denen die Seitenteile an den Gehängeleisten befestigt werden, entstehen ebenso wie die Seitenteile durch Spritzgiessen, jedoch aus dem Polyamid PAS-60.
Um einwandfreie und gleichmässige Produktionsbedingungen für die Teiglinge zu sichern, werden die Leisten während des Rücklaufs durch Infrarotstrahlung entkeimt. Durch Absorption sowohl an der Oberfläche als auch im Inneren des Hybrid-Funktionsbauteils führen die Infrarotstrahlen zu einer schnelleren Erhitzung als die Konvek-
tionserwärmung. Dies beschleunigt den Produktionsprozess. Da die Kunststoffleisten bei der IR-Entkeimung zudem weniger Wärmeenergie aufnehmen als Leisten aus Metall, wird weniger Wärme aus dem Gärschrank in die nachfolgenden Prozesse verschleppt.
Die Hybridbauweise setzt sowohl bei der Auslegung der Werkstoffe als auch bei der Konstruktion der Bauteile eine hohe fachtechnische Kompetenz voraus. Die Produktion aller Bestandteile erfordert überdies eine erhebliche Fertigungstiefe. Faigle bietet beides. Der Kunde erhält alles aus einer Hand und kann seinen Aufwand auf einen einzigen Ansprechpartner konzentrieren.

Faigle Igoplast AG, 9434 AU (SG), Tel. 071 747 41 41
igoplast@faigle.com, www.faigle.com/igoplast