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Kompaktes Getriebe für mehr Effizienz

Schweizer Präzision und Fertigungskompetenz bilden die Grundlage für das Engagement von RUAG Technology im Windenergiebereich. Mit der Entwicklung eines neuartigen Antriebskonzepts erreicht das Unternehmen eine kompaktere und leichtere Bauweise, hohe Betriebszuverlässigkeit der Windkraftanlage sowie weniger Serviceaufwand. Gesucht werden jetzt Kooperationspartner in der Windenergiebranche.

Jürg Wellstein – Eine Kernkompetenz von RUAG Technology in Altdorf ist die präzise Bearbeitung von grossen Bauteilen. Sieben integral vernetzte Bearbeitungszentren sind in der Lage, rund um die Uhr komplexe Teile aus Guss oder Stahl- und Aluminiumblockmaterial herzustellen. Auf der Grundlage dieses Dienstleistungsangebots kam das Unternehmen im Jahr 2003 mit der Windkrafttechnologie in Kontakt. Bestellt wurden damals Getriebegehäuse, die, platziert in den Gondeln von Windkraftanlagen, höchste Anforderungen erfüllen müssen. Grosse Kräfte und starke Drehmomentschwankungen, raues Klima, die Forderung nach ausserordentlicher Betriebszuverlässigkeit und der grundsätzliche Wunsch nach möglichst leichter Bauweise waren die Vorgaben, welche, auch von der Fertigung unterstützt, erfüllt werden mussten.


Chancen im Export
Das Thema Windenergie fiel bei der RUAG Technology auf fruchtbaren Boden. Bauelemente für gross dimensionierte Turbinen und Antriebstechnik waren vertraut, der weltweite Aufschwung dieser Energietechnologie war für den zunehmend exportorientierten Unternehmensbereich ein vielversprechendes Tätigkeitsgebiet. Mit Entwicklungsunterstützung, Prototypenherstellung und der gezielten Marktpräsenz will das Unternehmen heute einen Beitrag zu dieser Form der Energieerzeugung leisten. Ralph Eller, General Manager Windenergie bei RUAG Technology, blickt zurück: «Es begann zwar mit einem Getriebegehäuse einer konventionellen Antriebskonfiguration. Rasch erkannten unsere Entwicklungs- und Werkstoffspezialisten das Potenzial für alternative Bauformen dieses zentralen Bauelements einer Windkraftanlage. So entstand ein neues Gondelkonzept mit einer Gusskonstruktion, in welcher ein zweistufiges Planetengetriebe eingebaut und ein Generator direkt angeschlossen wird. Dieses Konzept ist kleiner, kompakter und leichter als die heute verwendete Technik.» Die dafür erforderliche Bearbeitungstechnik steht im Hause RUAG Technology zur Verfügung.


Gross dimensionierte Bearbeitung

Die modernen 5-Achsen-CNC-Maschinen sind in der Lage, Teile mit einem Durchmesser oder einer Kantenlänge von bis zu 4,5 m und 25 t Gewicht zu bearbeiten, und stehen in einer klimatisierten Halle, welche mit konstanten 20 °C (±1 °C) und kontrollierter Luftfeuchtigkeit ideale Voraussetzungen für Präzision bietet. Die berechneten Konstruktionsdaten werden mit CAD/CAM-Systemen direkt auf die Bearbeitungszentren transferiert, wo ein Handling-System selbst die grössten Teile automatisch einführt. Zugleich bedient ein Industrieroboter die Maschinen mit den entsprechend programmierten Werkzeugen fürs Fräsen, Bohren, Drehen usw. Exakte Buchführung der Einsatzdauer der Werkzeuge und allfälliger Austausch von Schneidplatten bzw. das Ersetzen der Präzisionswerkzeuge gehören als Selbstverständlichkeit zu den hohen Qualitätsansprüchen.


Gusselement vereinfacht Antriebskonzept
Zwei Prototypen des neuen Antriebskonzepts für Windkraftanlagen wurden in enger Zusammenarbeit mit dem Kunden erstellt. Der eine ist bei einer Anlage in der Nähe von Bremerhaven im Einsatz, der andere für Testzwecke im Werk Altdorf belassen worden. Ausgelegt wurden diese beiden Prototypen für einen 1,25-MW-Antrieb. Als Material für den Ständer wurde ein besonders schlagfester Spezial-Sphäroguss gewählt.
Auf dieser Basis begann inzwischen die Entwicklung eines 3-MW-Modells von RUAG. Optimierte Gestaltung der Gusskonstruktion, robuste Getriebeauslegung und eine kurze Verbindungswelle zwischen Rotor, Getriebe und Generator sind besondere Vorzüge. Die auftretenden Windkräfte können so besser absorbiert, die nötigen Lagerungen vereinfacht werden.
Ebenfalls in Planung sind geeignete Konzepte zum Handling dieser Anlagenteile von der Bearbeitung über die Montage bis zum Transport zum Anlagenstandort. Diese Neuentwicklung ist in erster Linie nicht für den allgemeinen Einsatz vorgesehen, sondern für Standorte mit besonders hohen Anforderungen, durch Klima, Zugänglichkeit und Leistungserwartungen, also insbesondere für abgelegene Windparks.
Das zentrale Verbindungselement zwischen Turm und Rotor einer Windkraftanlage wird mit dieser Entwicklung als kompakte Einheit gebaut. Für den exakten Einbau der Planetengetriebe in das bearbeitete Gussgehäuse steht eine Vorrichtung mit waagrechter Positionierung zur Verfügung, der Teststand hingegen weist die bei realen Windkraftanlagen leicht geneigte Lage auf.


Umfassende Entwicklungskompetenzen
«Mit einem 1:1-Modell dieser 3-MW-Antriebskonzeption werden wir auf die Suche nach Kooperationspartnern aus der Windbranche gehen», meint Ralph Eller. «Aufgrund der von Grund auf andersartigen, wesentlich vorteilhafteren Gestaltung kann sowohl der Turm als auch die Gondelform angepasst werden.»
RUAG Technology zeichnet sich aber nicht nur durch Bearbeitungskompetenz für grosse Gussteile aus, sondern ist mit dem Windkanal in Emmen auch in der Lage, aerodynamische Entwicklungsarbeiten gezielt zu unterstützen. Ralph Eller: «Unsere Vision sieht ein Komplettangebot und einen konsequenten Einstieg in die zukunftsweisende Windenergietechnik vor. Die Entwicklung ist noch lange nicht zu Ende. Wir erwarten weiterhin eine grosse Nachfrage nach Anlagen mit leistungsstarken und robusten Getrieben sowie kostengünstigen Generatoren. Dass bei unserem Einstieg in die 3-MW-Klasse auch eine Unterstützungsanfrage beim Bundesamt für Energie erwogen wird, ist verständlich, denn noch sind wichtige Entwicklungs- und Simulationsarbeiten bzw. die Bestätigung durch Pilot- und Demonstrationsprojekte essenzielle Bestandteile des Marktzugangs.»