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Fräser besser im Griff

Ein Hersteller chirurgischer Navigationssysteme stellt beim Fräsen der hierzu benötigten Monitorarme sehr hohe Anforderungen. Daher wurden beim Zerspanen aus dem Vollen die bisher verwendeten Schrumpffutter durch mechanische Präzisionsspannfutter der Firma Albrecht Präzision ersetzt.

(re) Die hohe Innovationsrate der von dem renommierten Gesundheitsversorger Aesculap AG in Tuttlingen (DE) gefertigten Produkte (siehe Kasten) setzt eine hochmoderne Fertigung voraus. Dabei müssen vor allem die Maschinen, Werkzeuge und Spannmittel höchsten Anforderungen genügen, damit die in der Regel zwei Jahre dauernde Umsetzung von der Idee bis zum fertigen Produkt realisiert werden kann. In diesem Zeitraum werden sowohl fertigungstechnische Optimierungen als auch Praxistests zu unterschiedlichen Operationsbedingungen vorgenommen.
Für die fertigungstechnische Optimierung ist ein Team aus Produktion und Prototypenbau zuständig. Im Rahmen dieser Tätigkeit zählen die Herstellung von Musterteilen, das Überprüfen der Prozessabläufe in Theorie und Praxis und die daraus resultierenden Empfehlungen für die Produktion zu den wesentlichen Aufgaben von Wolfgang Kunz, Leiter Werkzeugtechnologie. Kunz und seine Mitarbeiter legen dabei ihr besonderes Augenmerk auf die Fräswerkzeuge und die entsprechenden Spannmittel, wie das Beispiel Monitorarme für Navigationssysteme zeigt.
Die Monitorarme tragen das Navigationsgerät OrthoPilot. Es hilft Chirurgen bei der Implantation von Knie- und Hüftendprothesen, indem es genaue Daten über die Anatomie und Veränderung der Geometrie während der Präparation des Implantatbetts liefert. Die Monitorarme werden aus 146 x 121 x 102 mm grossen Stahlquadern aus dem Vollen gefräst. Dabei stellt die Zerspanung des rostfreien Stahls besonders hohe Anforderungen an Werkzeuge und Spannfutter – Anforderungen, die die bisher eingesetzten Schrumpffutter nicht in dem erhofften Masse erfüllten. Sie gerieten bei dem vorgegebenen Zeitspanvolumen von 90 cm³/min ins Vibrieren, was sich letztendlich in einem zu hohen Geräuschpegel und einer mangelhaften Oberflächenqualität auswirkte.

Spannfutter mit hohen Haltemomenten
Dem Team um Wolfgang Kunz stellte sich daher die Aufgabe, entweder das Arbeiten mit den Schrumpffuttern zu verbessern oder andere Spannalternativen vorzuschlagen. Bei der Suche nach neuen Wegen kam Kunz auch mit Dieter Schwarz, Technischer Leiter der Firma Albrecht Präzision in Wernau/Neckar (DE), ins Gespräch. Dieser empfahl die Präzisionsspannfutter des Typs APC und konnte dabei auf die Albrecht-Edelstahlbohrfutter SBFN verweisen, die seit Längerem zur Grundausstattung von Werkzeugsets für Chirurgen gehören. Ein solches Set enthält unter anderem akkubetriebene Motorensysteme des Typs Acculan 3Ti für Orthopädie, Traumatologie, Kardiochirurgie und Dermatologie. Die Dreibackenfutter von Albrecht mit Spannbereichen bis 6,5 mm werden dabei als Bohraufsätze für die Bohrmaschinen sowie Bohr- und Fräsmaschinen des Typs Acculan 3Ti eingesetzt. Die Präzisionsspannfutter-Baureihe APC enthält Varianten zum Fräsen, Bohren, Reiben und Gewindeschneiden und ist für Spannbereiche von 2 bis 32 mm erhältlich. Ein Schneckengetriebe überträgt in Verbindung mit einer Spannhülse mit Spezialbeschichtung und einem flachen Kegelwinkel besonders hohe Spannkräfte. Das Haltemoment beträgt bei 12 mm Spanndurchmesser mindestens 200 Nm, bei 20 mm etwa 400 Nm und bei 32 mm etwa 750 Nm. In diesen Durchmesserbereichen übersteigen die Haltemomente des Albrecht-Präzisionsspannfutters die des Schrumpffutters. Zudem bietet das Spannfutter eine hohe Steifigkeit und Vibrationsdämpfung. Besonders bemerkenswert ist die Rundlaufgenauigkeit von ? 3 µm bei 2,5 x D. Mit den genannten Eigenschaften verbindet das APC-Futter ein positives Dämpfungsverhalten und eine einfache Bedienung. Ein einstellbarer Anschlag erlaubt eine genaue Längeneinstellung in der Werkzeugaufnahme. Passend für die verschiedenen Bearbeitungszentren und Fräsmaschinen sind die Spannfutter mit Kegelaufnahmen nach DIN 69871, JIS B 6339 (MAS BT), DIN 69893 (HSK), ISO 26623 sowie ABS-50-Kupplung erhältlich. Vor der grundsätzlichen Entscheidung zwischen Schrumpffuttern oder mechanischen Präzisionsspannfuttern des Typs APC sollten diese zuvor ihr Leistungsvermögen bei Versuchen beweisen – und zwar vor allem hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Werkzeugstandzeit, das Zeitspanvolumen und damit auch auf die Kosten pro Monitorarm.

Standzeit um ein Drittel gesteigert
Beim Schruppen und Schlichten des Monitorarms auf einem horizontalen Bearbeitungszentrum des Typs Grob G350 mit einem Vollhartmetallfräser von 16 mm Durchmesser erlaubt das Präzisionsspannfutter eine hohe axiale Zustellung, was im Vergleich zu anderen Werkzeugaufnahmen ein höheres Zeitspanvolumen ermöglicht. Für den Test wurde eine Schnitttiefe ap = 32 mm gewählt, jeweils mit einer Eingriffsbreite ae = 4 mm. Bei diesen Zerspanungsdaten überzeugte das APC-Futter hinsichtlich Werkzeugstandzeit, Zeitspanvolumen, Rundlaufgenauigkeit und erzielbarer Oberflächenqualität. Seine zweiteilige Ausführung trägt zu hoher Steifigkeit und Vibrationsdämpfung bei, und die hohe Wuchtgüte von G 2,5 bis 20 000 min–1 schont die Spindellager. Zudem werden Mikroausbrüche an der Schneide reduziert. Bei gleichen Zerspanbedingungen liegt auch die Grenzschnitttiefe, bei der erstmals Rattererscheinungen auftreten, deutlich über den Werten der Schrumpffutter. Die im Test festgestellte hohe Dämpfung des Präzisionsspannfutters, sein extrem ruhiger Lauf und die damit verbundene deutliche Geräuschminderung sowie die verbesserte Oberflächenqualität wurden auch im praktischen Einsatz auf einem Bearbeitungszentrum des Typs Deckel Maho Gildemeister DMC 60 U bestätigt. Das Ziel «prozesssicheres Arbeiten mit einem Fräser in einer Schicht» wurde erreicht. Und besonders erfreulich für die Verantwortlichen: Die Spannfutter überzeugten bei der Nassbearbeitung und schufen damit die Voraussetzung, die Werkzeugstandzeit von etwa sechs Monitorarmen auf erhoffte acht zu erhöhen, was einer Standzeitverlängerung von über 30 Prozent entspricht. «Mit dem APC-Spannfutter sind zudem die Vertiefungen und Kavitäten bei der Fünf-Achsen-Bearbeitung besser zu erreichen, da das Präzisionsspannfutter wesentlich schlanker baut als ein Schrumpffutter in seiner «stabilen» Ausführung», erläutert Michael Faitsch, Gruppenmeister Fräsen. Die Umstellung war ein voller Erfolg: Mittlerweile setzt Aesculap in Tuttlingen über 50 Spannfutter des Typs APC ein. Auch die Bearbeitungsmaschinen, die dort für das Werk in Fernost ausgerüstet werden, sind mit APC-Futtern bestückt. n

Die APC-Präzisionsspannfutter bieten eine hohe Steifigkeit und Vibrationsdämpfung. (Bilder: Aesculap) Gesundheitsversorger im Profil Mit rund 40 000 Mitarbeitern in über 50 Ländern gehört die B. Braun Melsungen AG, Melsungen (DE), zu den weltweit führenden Gesundheitsversorgern. Das Unternehmen hat seine Produkte und Dienstleistungen in vier Sparten auf unterschiedliche medizinische Felder ausgerichtet. Für das Feld «Klinik» ist die Aesculap AG in Tuttlingen (DE) zuständig. Im Fokus der Sparte Aesculap stehen Produkte und Dienstleistungen für alle chirurgischen Kernprozesse. Die Aesculap AG fertigt mit rund 3000 Beschäftigten am Standort Tuttlingen unter anderem chirurgische Instrumente, Implantate (etwa für die Orthopädie, Neuro- und Wirbelsäulenchirurgie), Sterilcontainer, Nahtmaterial, Motoren- und Navigationssysteme sowie Produkte für die Kardiologie. Der Monitorarm für das chirurgische Navigationsgerät OrthoPilot wird aus einem Stahlquader aus dem Vollen geschruppt.

Ifanger AG Werkzeugfabrik 8610 Uster, Tel. 044 943 16 16 info@ifanger.com, www.ifanger.com