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Grün denken – Kosten senken

«Green» oder «Blue», «Clean» oder «Sustainability» – an Anglizismen ist kein Mangel, wenn die neuen Megatrends «Energieeinsparung und CO²-Reduzierung» griffig beschrieben werden sollen. Welche Auswirkungen die momentane Öko-Diskussion auf die Intralogistik hat, wollte die «Technische Rundschau» von Unternehmen und Verbänden wissen. Dazu wurden einige angeschrieben, nur wenige haben geantwortet.

Im Endeffekt geht es beim Thema «grüne Logistik» darum, die vielen Operationen, die in der Intralogistik notwendig sind, auf weniger, effizientere und energetisch günstigere Abläufe zu reduzieren. Genau diesen Prozess definiert Christoph Hahn-Woernle, Geschäftsführender Gesellschafter der Viastore Systems GmbH, für sein Unternehmen als zukünftige Aufgabe: «Es gibt eine enorme Anzahl von Ansatzpunkten. Diese zu strukturieren, zusammenzufassen und ganzheitlich anzugehen, ist sicher eine der grossen Herausforderungen, um effiziente Lösungen zu finden.» (Siehe auch nachstehendes Interview.)
Doch lohnt der Aufwand? Dazu hat sich der Logistikspezialist VanDerLande einige Gedanken gemacht. Ausgehend von der Überlegung, dass ein Distributionszentrum mittlerer Grösse mit einem durchschnittlichen Automatisierungsgrad im Jahr rund 85 0000 kWh Strom verbraucht, ergeben sich bei einem Strompreis von 0,10 Euro/kWh Stromkosten in Höhe von 85 000 Euro. Das entspricht einem CO²-Ausstoss von 4,56 Mio. t. Gelänge es, den Energieverbrauch um 25 Prozent zu reduzieren, würden sich die reinen Stromkosten um etwa 21 300 Euro jährlich reduzieren und der CO²-Ausstoss nähme um 1,15 Mio. t ab. Folge: Anstrengungen in Richtung «Green Intralogistic» lohnen sich auf jeden Fall – schon unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten.
Nicht umsonst klinken sich Verbände und Institutionen in die Nachhaltigkeitsdebatten ein. So gibt es in der Schweiz seit Ende 2010 den «Masterplan Cleantech». Ziel: Bis 2020 will man ein führender Wirtschaftsstandort für ressourceneffiziente Produkte, Dienstleistungen und erneuerbare Energien werden. Das gilt auch und gerade für die Intralogistik. Im industrienahen Bereich engagiert sich der MEM-Verband Swissmem für den Cleantech-Gedanken, wie Daniel Burch, verantwortlich für den Bereich Förder- und Lagertechnik bei Swissmem, auf Nachfrage bestätigt: «Swissmem hat im Bereich Cleantech und Energieeffizienz die Themenführerschaft übernommen. Wir beraten und unterstützen alle unsere Mitgliedsfirmen im Bereich Energieeffizienz.»
Mit «Blue Competence» verfolgt der deutsche VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau) einen ähnlichen Gedanken wie der Masterplan Cleantech. Speziell für die Intralogistik kümmert sich unter anderem die Forschungsgemeinschaft IFL – eine gemeinsame Initiative des VDMA-Fachverbandes Fördertechnik und Logistiksysteme sowie des Forums Intralogistik – um das Thema Nachhaltigkeit. Armin Weih ist stellvertretender Geschäftsführer der IFL und weiss um die Problematik der grünen Intralogistik: «Laufende Forschungsprojekte wie «Das CO²-freie Logistikzentrum» oder «Die Analyse und Quantifizierung von Umweltauswirkungen in der Intralogistik» bis hin zu «Energiebilanz beim Einsatz von Magnettreibscheiben» belegen deutlich, dass sich die IFL sehr intensiv mit Themen der Nachhaltigkeit beschäftigt.»
Nicht umsonst appelliert deren Vorsitzender, Wolfgang Albrecht, an die Hersteller, den Nachhaltigkeitsgedanken ernst zu nehmen: «War es früher unser Hauptanliegen, Logistikprozesse kosten- und zeitoptimal zu gestalten, so zeigt bereits heute die Popularität des Begriffes «Green Logistics», dass es weitere Optimierungsdimensionen in der Intralogistik zu berücksichtigen gilt.»
Ein Aufruf, der anscheinend angekommen ist. So bieten die meisten Antriebshersteller mittlerweile energieeffiziente Lösungen für die Fördertechnik. Lenze (Lenze Bachofen AG) hat mit «BlueGreen Solutions» sogar ein eigenes Energielabel kreiert. Der Antriebsspezialist plädiert dabei für eine ganzheitliche Betrachtung der Bewegungsabläufe im System Förder-, Lager- und Kommissioniertechnik: «Es gilt, den kompletten Antriebsstrang einer Anwendung im Vorfeld zu analysieren. Bereits im frühen Engineering-Stadium lassen sich so Überdimensionierungen vermeiden.»
Diese Überlegung funktioniert auch in umgekehrter Richtung. Beispielsweise können engergieeffiziente Antriebe Einfluss auf die gesamte Anlagenauslegung nehmen. So besitzt der neue Synchron-Trommelmotor der Interroll AG, nicht nur einen Wirkungsgrad von über 90 Prozent. Die höhere Energieeffizienz ermöglicht auch Designs mit kleineren Antrieben und geringerer Nennleistung. Eine geringere Verlustleistung führt auch zu längeren Lebenszyklen und verminderter Wärmeentwicklung; hygiene- und temperatursensitive Waren lassen sich bei niedrigeren Temperaturen fördern.
Trotz dieser weitreichenden Vorteile dürfte der Weg hin zu «Green Logistics» kein einfacher werden, wie auch Daniel Burch von Swissmem zu bedenken gibt: «Für viele Kunden sind die Investitionskosten entscheidend. Energieeffiziente Geräte und Systeme müssen daher auch preislich konkurrenzfähig sein.» Er legt den Anwendern deshalb nahe, sich bei zukünftigen Investitionen nicht nur vom reinen Einkaufspreis leiten zu lassen: «Es kann ein Marktvorteil entstehen, wenn der Kunde erkennt, dass er allfällig höhere Investitionskosten mit wesentlich geringeren Betriebskosten mehr als wett machen kann.»
Ins gleiche Horn bläst auch Ralf Garlichs, Executive Vice President Products & Technology bei Interroll: «Sicher liegen Synchron-Trommelmotoren im Anschaffungspreis über konventionellen Trommelmotoren und Motoren mit Winkelgetriebe. Aber schon allein bei den Primärenergiekosten ergibt sich für Trommelmotoren ein Return on Investment von ein bis zwei Jahren.» Unabhängig davon sieht Armin Weih von der IFL wenig Spielraum, wenn es um zukünftige Entwicklungen geht: «Für die Sicherung der Zukunft ist die Besinnung auf Nachhaltigkeit in allen Bereichen schon jetzt zwingend notwendig und nach heutigen Gesichtspunkten alternativlos.»• Wolfgang Pittrich
Folgende Unternehmen/Organisationen
haben auf unsere Umfrage geantwortet:
Forschungsgemeinschaft Intralogistik/Fördertechnik und Logistiksysteme (IFL)
DE-60528 Frankfurt, Tel. +49 69 66 03 15 07 armin.weih@vdma.org, www.ifl-forschung.de
Swissmem
8032 Zürich, Tel. 044 384 48 24
d. burch@swissmem.ch
Viastore Systems GmbH
DE-70469 Stuttgart, Tel. +49 711 9818-0 info@viastore.com
LogiMat: Halle 7, Stand 121
Weitere im Artikel genannte Unternehmen:
Interroll AG
6592 Sant`Antonino, Tel. 091 850 25 25
info@interroll.com
LogiMat: Halle 1 Stand 841
Lenze Bachofen AG
8610 Uster, Tel. 043 399 14 14
info@lenze-bachofen.ch
VanDerLande Industries Switzerland
3661 Uetendorf, Tel. 033 346 10 63
info.de@vanderlande.com
LogiMat: Halle 1, Stand 711


Interview mit Christoph Hahn-Woernle, geschäftsführender Gesellschafter, Viastore GmbH.

«Das Wesen unserer Produkte wird sich stark verändern»

Herr Hahn-Woernle, das Thema Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz im Umgang mit Energie hat mittlerweile auch die Intralogistik erfasst. Ist das nur ein Marketingtrend für die Hersteller oder steckt mehr dahinter?
Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, in unseren Produkten und Anlagen noch mehr als in der Vergangenheit die gesamte Komplexität der Nachhaltigkeit zu berücksichtigen und ihr einen hohen Stellenwert einzuräumen. Den Nutzen davon haben die Kunden, weil sie ressourcenschonend und effektiv arbeiten können und die Ergonomie der Systeme erhöhen.

Es lohnt sich für den Anwender also, in Cleantech- oder Blue-Competence-Produkte zu investieren?
Er hat dadurch die Grundlage, sparsamer mit Ressourcen wirtschaften zu können. Denn Ressourcen aller Art werden immer schwerer verfügbar und dadurch teurer. Zudem verbessert sich die Wirtschaftlichkeit dieser Produkte über ihren gesamten Lebenszyklus immer weiter.

Wir stehen hier erst am Anfang einer Entwicklung. Wo denken Sie, werden wir in fünf Jahren stehen?
Fünf Jahre ist für intralogistische Systeme und Anlagen ein vergleichsweise kurzer Zeitraum. Über einen darüber hinausgehenden Zeitraum wird sich das Wesen unserer Produkte auf jeden Fall stark verändern. Dabei kommen alle Technologien auf den Prüfstand.

Wie kann das konkret aussehen?
Konkret werden sich zum Beispiel die eingesetzten Materialien verändern – etwa Verbundwerkstoffe statt Stahl. Es wird zu neuen Gesamtsystemen kommen, und die Bedeutung der Software wird noch weiter zunehmen, um einerseits die gesamte Supply Chain immer weiter zu straffen und zum anderen das Energiemanagement auch von komplexen Anlagen zu steuern.


LogiMat 2012: Logistik live
Vom 13. bis 15. März bietet die 10. LogiMat (Internationale Fachmesse für Distribution, Material- und Informationsfluss) in Stuttgart einen Überblick über innovative Leistungen und aktuelle Lösungen der Intralogistikbranche. In ihrem Jubiläumsjahr belegt die Messe 65 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche (+20 Prozent) in den Hallen 1, 3, 5, 7 und 9. Mehr als 900 Aussteller (+15 Prozent) aus 25 Ländern präsentieren ihre Produktinnovationen. Die Messeleitung erwartet an den drei Messetagen mehr als 25 000 Fachbesucher.
www.logimat-messe.de


Tipps: Strom sparen durch effektive Lagerplatzverwaltung

  • Bei der Vergabe von Fahraufträgen werden die Zeiten von Hoch- und Niedertarif berücksichtigt. Dementsprechend werden die Umlagerungen und Lageroptimierungen vorwiegend zu Niedertarifzeiten ausgeführt.
  • Da das Einlagern von Waren in die oberen Palettenetagen viel Energie benötigt, werden diese Arbeiten in den Niedertarifzeiten vorgenommen.
  • Auslagerungen von hochgelegenen Lagerplätzen werden während der Hoch- und die von tiefgelegenen Lagerplätzen während der Niedertarifzeiten getätigt. Denn während des Herunterfahrens von Lagergütern wirken Antriebe als Generatoren und geben Energie ab, welche an anderer Stelle genutzt werden kann.
  • Bedarfsgerechte Vorgabe von Geschwindigkeit und Beschleunigung: Die Geräte fahren nur mit der Leistung, die gerade benötigt wird.
  • Um Leerfahrten zu vermeiden, werden beim Hineinfahren ins Regal Einlagerungen vorgenommen, und bei der Rückfahrt wird Ware ausgelagert.
  • Der Materialfluss-Controller versetzt die Gerätesteuerung bei längerem Nichtgebrauch in einen stromsparenden Stand-by-Modus.

Quelle: Stöcklin Logistik AG www.stoecklin.com