chevron_left
chevron_right

Europaweite Initiative für Nachhaltigkeit

«Energieeffiziente Produktionsmittel» war eines der Kernthemen der diesjährigen Fertigungstechnikmesse Metav, an der knapp 700 Aussteller vertreten waren. Entsprechend den Anforderungen aus Branchen wie Automobilbau und Energietechnik stellten viele – insbesondere europäische – Anbieter von Werkzeugmaschinen energiesparende Lösungen vor.

Im Rahmen einer Pressekonferenz an der Messe Metav, die kürzlich in Düsseldorf (DE) stattfand, verkündete der europäische Verband der Werkzeugmaschinenindustrie Cecimo den Start einer europaweiten Initiative für Nachhaltigkeit – der Blue-Competence-Machine-Tools-Initiative. Damit ist die Werkzeugmaschinenindustrie die erste Einzelbranche im Maschinen- und Anlagenbau, die sich in einer breit angelegten Kampagne auf europäischer Ebene für das Thema Nachhaltigkeit engagiert (www.bluecompetence.net).
Vor dem Hintergrund weltweit steigender Belastungen von Umwelt und Klima und gleichzeitig schrumpfender Ressourcen setzen sich die an der freiwilligen Initiative beteiligten Hersteller von Werkzeugmaschinen und Teilsystemen für die Optimierung des Verbrauchs von Energie und Rohstoffen und die Reduktion von Abfall und Emissionen ein. «Nun übernehmen unsere Hersteller eine echte Verpflichtung, ihre Produkte, Prozesse und Geschäftsmodelle in einem ganzheitlichen Ansatz an den Prinzipien der Nachhaltigkeit auszurichten», betonte Cecimo-Präsident Martin Kapp. «Dies stellt keine Abkehr von den herkömmlichen Faktoren der Wettbewerbsfähigkeit wie Produktivität, Präzision und Zuverlässigkeit dar, sondern fügt dem eine neue Kernkompetenz hinzu: Nachhaltigkeit.» Hersteller, die nach den Prinzipien der Initiative handeln, verpflichten sich, vorab definierte ökologische, ökonomische und soziale Werte und Grundsätze einzuhalten, während sie ihre Fertigungswerke, Geschäftsbereiche und Produkte im Sinne der Nachhaltigkeit optimieren.
Die Befragung renommierter Werkzeugmaschinenhersteller an der Metav zeigte, dass insbesondere die europäischen Lieferanten – nicht zuletzt getrieben durch die Forderungen der Automobil- und Energietechnik – auf dem Weg der Nachhaltigkeit bereits ein gutes Stück vorangekommen und in diesem Bereich weltweit führend sind. So ist beispielsweise für den Gildemeister-Konzern, der in Düsseldorf zusammen mit seinem Partner Mori Seiki mehrere Neu- und Weiterentwicklungen zeigte (siehe Beitrag Seite 44 ff.), nachhaltige Fertigungstechnik und die ressourcenschonende Auslegung seiner Dreh- und Fräsmaschinen bereits Standard – und auch Marketinginstrument. Energieeffizienz, etwa, ist bei Gildemeister seit Jahren eine Anforderung bei der Entwicklung neuer Maschinen.
Dies betrifft Mechanik, Antriebs- und Steuerungstechnik gleichermassen. Die Reduktion bewegter Massen, rückspeisefähige Antriebe zur Nutzung von Bremsenergie für Beschleunigungsvorgänge oder die Vermeidung unnötiger Leistungsaufnahme im Stillstand durch
intelligente Stand-by-Regelung sind nur einige der Massnahmen, die in den Maschinen umgesetzt wurden.
Auch bei den Drehmaschinen von Traub und Index ist «Energiesparen quasi inklusive», sagte Lutz Michael Leschewsky, Leiter Verkauf Technik bei Traub. Zur elektrischen Netzrückspeisung in allen Antrieben zur Energierückgewinnung bei Bremsvorgängen kommen unter anderem eine energieoptimierte Kühlschmierstoff- und Hydraulikversorgung durch verbrauchsgeregelten Pumpenbetrieb sowie ein zentral geregeltes Maschinenkühlsystem zur Wiederverwendung der Verlustwärme.
Hinsichtlich der Einsparmöglichkeiten durch verbesserten Energiehaushalt geben verschiedene Hersteller wie StarragHeckert oder Kapp eine Reduktion der jährlichen Betriebskosten pro Maschine (z.B. Bearbeitungszentrum) von mittleren vierstelligen Eurobeträgen an. Der Schleifmaschinenhersteller Kapp, beispielsweise, rechnet bei Umsetzung von Massnahmen wie optimiertem Pumpenbetrieb durch Frequenzumrichter, bedarfsgerechter Kühlluftzufuhr, Einsatz eines Dichtungssystems ohne Speerluft sowie einer Abschaltautomatik bei Teilemangel mit einer Kosteneinsparung von gut 5000 Euro pro Einheit und Jahr.
Effiziente und energiesparende Präzisions-Drehmaschinen präsentierte an der Metav auch die Firma Weiler (Schweizer Vertretung: Walter Meier). Ein Beispiel ist die neue konventionelle Drehmaschine Praktikant VC plus, die auf einem komplett überarbeiteten Konstruktionskonzept basiert. Sie arbeitet in einem Drehzahlbereich von 30 bis 5000 min–1 und verfügt über einen wartungsfreien Drehstrom-Asynchronmotor sowie einen drehzahlgeregelten Frequenzumrichter. «Eine wichtige Neuerung ist das erstmals standardmässig in einer konventionellen Präzisionsdrehmaschine integrierte Energiesparsystem e-TIM», führte Andree Wucknitz, Leiter Vertrieb Inland, aus. «Dieses System senkt den Energieverbrauch gleich dreifach: Es führt die Bremsenergie permanent ins Stromnetz zurück, schaltet nicht benötigte Nebenaggregate aus und wechselt bei längerem Maschinenstillstand in den Stand-by-Modus.»
Um Einsparpotenziale in der Produktion zu heben, müssen Verbrauch und Rahmendaten transparent gemacht und so eine Basis für Optimierungsmassnahmen geschaffen werden. Dies leistet beispielsweise der Energiemonitor «eNERGY», den die Firma MAG für ihre Maschinen anbietet. Er besteht aus einem Softwaremodul, das die entsprechenden Daten direkt an der Steuerung ausliest und anhand
eines Datenloggers erfasst, auswertet und bedarfsgerecht visualisiert. Der Energiemonitor verspricht Kostenreduktion, Massnahmencontrolling und Planungssicherheit durch intelligentes Energiemanagement.
Als Weltpremiere präsentierte MAG seine neue Horizontal-Drehmaschine VDF 400 T, die die VDF-Baureihe abrundet und neue Einsatzbereiche erschliessen soll. «Der Kunde kann jetzt auch für einfachere Fertigungsaufgaben auf die bewährte Stabilität und Dynamik der VDF-Baureihe setzen, hinter der ein stückkostenoptimiertes Maschinenkonzept steht», erklärte Peter Kraus, Vertriebsleiter Horizontal-Drehmaschinen. «Er investiert damit zielgerichtet und profitiert von der praxisgerechten Auswahl an Optionen.» Aufgrund des modularen Maschinenkonzepts der Baureihe erfüllt die Maschine vielfältige Ansprüche, von der leistungsstarken 2-Achsen-Bearbeitung bis hin zur Schwerzerspanung grosser, langer Werkstücke. Dabei kann der Anwender zwischen zwei verschiedenen Drehlängen wählen: 1300 sowie 2200 mm bei einem Umlaufdurchmesser von 700 mm (über Bett). «Mit einer Auswahl an erprobten Hauptspindelantrieben lässt sich die Maschine optimal an die Bearbeitungsaufgabe anpassen», ergänzte Peter Kraus.

Software sorgt für niedrigen Stromverbrauch
Besonders energiesparend soll auch das neue Modell des Horizontal-Bearbeitungszentrums Maxia H.Plus-630 von Matsuura (Schweizer Vertretung: Newemag) sein. «Die Maschine wurde technisch aufgearbeitet und verbessert», erläuterte Bert Kleinmann, Geschäftsführer der Matsuura Machinery GmbH. «Dabei standen Flexibilität und Effizienz im Fokus.» Die herstellereigene intelligente Maschinenmanagement-Software MIMS überwacht den gesamten Produktionsprozess und sichert so einen zuverlässigen Betrieb, eine hohe Produktqualität, übersichtliche Datenverwaltung und einen niedrigen Stromverbrauch. Der Aufbau der Maschine ist besonders stabil und weist sehr gute Dämpfungseigenschaften auf. Zu den weiteren Stärken gehören ein grosser Arbeitsraum bei kleiner Stellfläche, hohe Präzision, Beschleunigung und Geschwindigkeit. «Ihr überarbeitetes Konzept macht die Maschine um 20 Prozent schneller als ihren Vorgänger», sagte Bert Kleinmann. «Hinzu kommt ein hervorragendes Drehmoment der Spindel und die Flexibilität in der Automation.» Durch X/Y/Z-Verfahrwege von 1050/920/990 mm können Teile bis zu einem Durchmesser von 1050 mm bei einer Maximalhöhe von 1115 mm und einem Gewicht bis 1200 kg bearbeitet werden. •
-- Bernhard Reichenbach

Walter Meier (Fertigungslösungen) AG
8603 Schwerzenbach, Tel. 044 806 46 46
info@waltermeier.com
MAG Switzerland AG
CH-8201 Schaffhausen, Tel. 052 63 11 119
info@mag-ias.com
Newemag AG
CH-6343 Rotkreuz, Tel. 041 798 31 00
info@newemag.ch

Cecimo im Profil
Im Cecimo, dem europäischen Dachverband der Werkzeugmaschinenhersteller, sind 15 nationale Werkzeugmaschinenherstellerverbände zusammengeschlossen, die etwa 1500 Industrieunternehmen mit fast 150 000 Beschäftigten vertreten. Diese decken über 97 Prozent der gesamten Werkzeugmaschinenproduktion Europas (Jahresumsatz knapp 21 Mia. Euro) und über ein Drittel der weltweiten Produktion ab. Nach Deutschland (46 Prozent) und Italien (22 Prozent) ist die Schweiz mit 11 Prozent drittgrösster Werkzeugmaschinenproduzent Europas.
www.cecimo.eu


Meine Meinung
Auch wenn bei vielen Kunden der Werkzeugmaschinenhersteller das Kriterium «Nachhaltigkeit» nicht zu den wichtigsten Anforderungen gehört – bei den Abnehmern aus dem Automobilbereich und der Energietechnik tut es das wohl. Und wer diese Anforderungen erfüllen kann, hat Vorteile im Wettbewerb. Da nimmt es nicht Wunder, dass Unternehmen, die in diesem Wettbewerb erfolgreich sein wollen, Schritte zur Verbesserung der Nachhaltigkeit ergreifen. Zumindest bei den führenden europäischen Herstellern von Werkzeugmaschinen und Komponenten sind energiesparende Massnahmen wie die Reduktion bewegter Massen, Energierückspeisung oder die Abschaltung nicht benötigter Aggregate mittlerweile Standard. Weitere Schritte wie steuerungs- und simulationstechnische Optimierungen werden sukzessive umgesetzt. Dass sich Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit nicht ausschliessen, müssen die Anbieter den Kunden vermitteln. Diese müssen entsprechende Technologien gezielt nachfragen, denn der Einsatz energieoptimierter Maschinen anstelle herkömmlicher «Energiefresser» bietet hohe quantifizierbare Einsparpotenziale: Mehrere tausend Franken weniger an Betriebskosten pro Maschine und Jahr sind schliesslich kein Pappenstiel ...
Bernhard Reichenbach,
Redaktor Technische Rundschau