chevron_left
chevron_right

Grosse Verschraubungen richtig auslegen

Serie «Auslegung und Gestaltung von grossen Schraubenverbindungen», Teil 1: Die Auslegung grosser Schraubenverbindungen bis M39 wird in der VDI 2230 beschrieben. Handelt es sich um grössere Durchmesser bis 1450mm, ist das langjährige Fachwissen von Spezialisten gefragt. Auf welche Spezifika besonders zu achten sind, beschreibt die Technische Rundschau in dieser und in den nächsten Ausgaben. Teil 1 beschäftigt sich mit der Vorspannung als Schutz vor Dauerbruch an Bolzen und als Garant für die Funktion der Maschine sowie eines dichten Flansches.

Um schwere Schäden an teuren Bolzen und Maschinenteilen zu vermeiden, ist dafür zu sorgen, dass die Vorspannung einer Verschraubung richtig gewählt und im Betrieb gehalten wird. Die VDI 2230 gibt nach dem Durchspielen der 14 Auslegungsregeln eine Antwort auf die Grösse der Vorspannung. Grundsätzlich ist zu sagen, dass die Vorspannung grösser sein muss als die grösste Betriebslast.
Warum das so ist, zeigt das Beispiel einer Pressenverschraubung. Geht man von einer Presskraft von 400 t aus, wird bei 4 Hauptrahmenzugankern jeder Anker im Betrieb mit 100 t belastet. Wären sie nicht vorgespannt, würden sie sich bei jedem Pressenhub längen, das Pressenoberhaupt würde abheben, die Presse würde klappern. Zudem brechen die Anker mit der Zeit durch Ermüdung.
Lösung dieses Problems ist eine Vorspannung der Anker. Sie ist höher als die Betriebslast. Spannen wir jeden Anker auf 150 t vor, wird die Betriebslast von kleiner 150 t die Anker nur marginal zusätzlich dehnen. Dies geschieht im Kraftverhältnis «Phi», das das Steifigkeitsverhältnis der Schraube zu den Bauteilen wiedergibt. Es gibt Aufschluss über die Betriebsanteile, die auf die Schraube oder die Bauteile wirken. Der Faktor Phi ist erfahrungsgemäss etwa 0,3; wird aber in heiklen Fällen genau bestimmt.
Als grobe Orientierung kann dienen, dass verspannte Bauteile optimalerweise rund 2,5-mal steifer sind als die Verschraubung. Für eine M20-Schraube wäre dies ein Rohrkörper von rund 37 mm Aussendurchmesser. Somit erfährt der Bolzen im Betrieb bei richtiger Vorspannung nur Phi x Betriebslast als axiale Zusatzlast.
Zurück zu unserem Pressenbeispiel: Wird der Anker mit 150 t vorgespannt und mit 100 t belastet, kommt es aufgrund des Kraftverhältnisses Phi zu einer Zugkraft des Ankers im Betrieb von nur 30 t. Das bedeutet für den Konstrukteur, dass er Lastamplituden in den Bolzen durch massive Bauweise der Maschinenteile mindern kann.
Gedichtete Flansche brauchen eine spezielle Betrachtung, wenn es um die Kraftverteilung geht. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Dichtungen im Krafthauptschluss – das heisst, die gesamte Schraubenkraft geht über das Dichtelement, das im «Sandwich» der Flanschblätter liegt – und im Kraftnebenschluss. Hier geht die aufgebrachte Schraubenkraft nur zum Teil über das Dichtelement. Die Dichtung liegt in einer Nut; die Flanschblätter berühren sich Metall auf Metall.
Dichtungen lassen sich komprimieren: Die Rückfederung (Elastizität) der oft eingesetzten Faser-, Grafit- oder PTFE-Dichtungswerkstoffe ist jedoch marginal und kann nur selten Setz- oder Kriechverluste kompensieren. Eine elastische Schraubenverbindung kann hier Abhilfe schaffen. (Lösungsansätze für zusätzliche Schraubenelastizität werden in der kommenden TR genau beschrieben.)
Für die Garantie der Dichtheit ist massgebend, dass die Dichtung stets eine Mindestklemmkraft in jedem Betriebszustand erfährt. Diese Kraft wird von Dichtungsherstellern ermittelt. Um die Mindestklemmkraft zu übertreffen und um viel Reserve gegen allfälliges Setzen der Flanschverbindung zu kompensieren, zielt man mit der Vorverpressung beim Dichtungseinbau (Vorspannkraft) auf möglichst hohe Einbauflächenpressung, unter Berücksichtigung der zulässigen Schrauben-, Flansch- und Dichtungsauslastung.
Die Präzision, sprich der Anzugsfaktor «Alpha», spielt hier eine wesentliche Rolle. Die Dichtung muss möglichst gleichmässig belastet werden. Das Anziehdrehmoment einer normalen Schraube oder Mutter steigt in der 3. Potenz zum Durchmesser. Die Verlustarbeit steigt, die Nutzarbeit sinkt dabei. Das heisst, bei Durchmessern ab M 24 sind in der Praxis häufig nicht mehr genaue Vorspannkräfte realisierbar. Zudem sind die Zugänglichkeiten unter Rohrleitungen und anderen Aufbauten nicht immer gegeben. Die reale Vorspannung von Schraube zu Schraube variiert daher.
Ganz anders ist es bei den kleinen und einfach zu bedienenden Superbolt-Druckschrauben: Die Vorspannung kann präzise und in praktisch jedem noch so engen Bauraum realisiert werden. Rudolf Hawellek, Technischer Leiter für Dichtungsberechnungen beim Dichtungshersteller NT K&D AG, bemerkt dazu: «Die enge Zusammenarbeit und ganzheitliche Betrachtung von Flansch, Dichtung und Verschraubung hilft uns bei der Realisierung der langfristigen Dichtheit. Wir als Dichtungshersteller müssen oft für Leckagen geradestehen, die durch zu geringe Einbauflächenpressung, also Vorspannkraft, verursacht wurden. Ein einfaches und präzises Spannsystem wie Superbolt reduziert Montageprobleme auf ein Minimum und realisiert die berechneten Werte auf der Baustelle nachweislich eins zu eins.»•
- Robin Senn, Nord-Lock AG

Nord-Lock AG
8735 St. Gallenkappel, Tel. 055 284 64 64
info@nord-lock.ch


Kleine Schrauben, grosse Wirkung: mechanisches Spannsystem «Superbolt»
Gerade bei grossen Bolzen ist ein Ausfall fatal: Sicherheit und Kosten sind sehr relevant. Ein Pressenzuganker einer Hydroformingpresse mit rund 400 mm Dicke kostet schnell 60 000 CHF und mehr. Zudem sind solche Anlagen oft in Produktionsstrassen eingebunden, wo ein Ausfall immense Kosten pro Ausfallstunde bedeutet. Deshalb ist es wichtig, jeden Bolzen auf der richtigen Vorspannung zu halten. Die Nord-Lock AG erfüllt diese Anforderungen für grosse Durchmesser mit dem Spannsystem «Superbolt». Eine Superbolt-Spannmutter oder eine -Spannschraube bestehen aus Körper, kleinen Druckschrauben und einer gehärteten Scheibe zum Schutz der Maschinenauflage. Die durchmesserunabhängige Vorspannungspräzision geht von ± 10 Prozent beim Einsatz von Drehmomentschlüsseln bis hin zur fast unendlichen Genauigkeit bei kombinierter Längenmessung des Bolzens. Die Kleinheit der Druckschrauben ergibt kleine, genaue Drehmomente. Zudem werden allfällige Fehler durch die Vielzahl gemittelt.


Nord-Lock AG im Profil
Die Firma Nord-Lock AG mit Sitz in St. Gallenkappel berechnet und gestaltet höchst beanspruchte Schraubenverbindungen über die VDI 2230 hinaus bis zu einem Gewindedurchmesser von 1450 mm.