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Schleifspezialist mit neuer Halle und neuer Maschine

Der St. Galler Schleifmaschinenhersteller Kellenberger eröffnete kürzlich eine neue Produktionshalle in Romanshorn am Bodensee. Anlässlich der Einweihungsfeier zeigte das Unternehmen auch seine neue Präzisions-Rundschleifmaschine Kel-Vera 750 in Verbindung mit der ebenfalls neu entwickelten schnellen und präzisen B-Achse mit Direktantrieb.

«Wenn bei uns «Swiss made» draufsteht, ist auch «Swiss made» drin.» Nach diesem Motto verfährt der
St. Galler Schleifmaschinenhersteller Kellenberger und fertigt seine Produkte ausschliesslich in der Schweiz. Um diesbezüglich seine Möglichkeiten zu verbessern, errichtete das Unternehmen eine neue Produktionshalle in Romanshorn am Bodensee, die vor Kurzem – knapp 15 Monate nach Baubeginn – feierlich ihrer Bestimmung übergeben wurde. Der Schleifspezialist investierte insgesamt rund 11 Mio. Franken: gut 6 Mio. in Land und Gebäude und knapp 5 Mio. in Maschinen und Anlagen. «Mit dieser Eröffnung geben wir ein starkes Signal zum Standort Schweiz ab», sagte der Geschäftsführende Direktor Jürg Kellenberger anlässlich der Feierlichkeiten.
Auf knapp 3000 m2 Produktionsfläche führt die L. Kellenberger & Co. AG in Romanshorn die Fräs-, Bohr- und Schleifbearbeitung kubischer Bauteile zusammen. Im Vollausbau werden am neuen Standort 20 Mitarbeiter im Zwei- und Drei-Schicht-Betrieb beschäftigt sein. Zwölf neue Arbeitsplätze werden geschaffen. «Die Umstellung vom alten, angemieteten Fertigungsstandort in St. Gallen auf den neuen gelang ohne Produktionsunterbruch», freute sich Jürg Kellenberger.
Das 1917 gegründete Unternehmen, ein renommierter Hersteller von Präzisionsschleifmaschinen, gehört seit 1995 zum US-Drehmaschinenspezialisten Hardinge. Derzeit ist Kellenberger an den vier Standorten St. Gallen, Biel, Leicester sowie jetzt Romanshorn vertreten und beschäftigt insgesamt rund 350 Mitarbeiter. Der Exportanteil liegt bei 90 Prozent, Hauptmärkte sind Deutschland und das übrige Europa, China sowie die USA.
Das Unternehmen, das in der Rundschleiftechnik international Massstäbe setzt, erweiterte und ergänzte 2008 seine Produktpalette und sein Know-how durch die Fusion mit dem in Biel ansässigen Schleifmaschinenhersteller HTT Hauser Tripet Tschudin. Die fusionierte Gesellschaft bietet dem Kunden ein breites Programm an Schleifsystemen mit den Produktlinien Hauser, Kellenberger, Tripet und Tschudin sowie ein umfangreiches Dienstleistungsangebot.
Ein weiterer Meilenstein war 2010 die Übernahme der Firma Jones & Shipman in Leicester (UK). Damit erweitert Kellenberger seine Kompetenz als Lieferant hochpräziser Universal- und Produktions-Rund- sowie Koordinatenschleifmaschinen um den Bereich Flachschleifmaschinen.
Ursprünglich fertigten die St. Galler ausschliesslich Universal-Rundschleifmaschinen. Heute bieten sie mit den Modellen Kel-Varia, Kel-Viva, Kel-Vista und Kel-Universal sowohl Lösungen für Kunden im universellen als auch im Produktions-Schleifbereich. Mit den Modellen Kel-Vera und Kel-Vita, die auch in Form einer Roboter- oder Portalladerlösung erhältlich sind, machte das Unternehmen einen weiteren Schritt im Bereich automatisierter Handhabungssysteme.

Direktantrieb macht B-Achse schneller
Im Rahmen der Eröffnung der neuen Produktionshalle in Romanshorn wurden den Gästen auch Maschinen aus dem Kellenberger-Programm gezeigt, darunter das jüngste Modell der Reihe Kel-Vera, die Kel-Vera 750 mit einer Baulänge von 750 mm. Sie erweitert die Baureihe kompakter Rundschleifmaschinen «für höchste Ansprüche», die hinsichtlich Präzision und Produktivität keine Wünsche offen lassen sollen. Das neue Modell, das die Lücke zur Kel-Varia schliesst, soll Werkstücke mittlerer Dimension mit hohen Zerspanleistungen und kurzen Nebenzeiten bearbeiten.
Das Maschinenkonzept der Kel-Vera 750, die mit der jüngsten Steuerungsgeneration von Heidenhain oder Fanuc ausgestattet ist, basiert wie das der bestehenden Baulänge 400 auf Plattformen für die Schlitten- und Schleifkopfauflagen, aber auch für die Werkstückapplikationen, ausgehend vom Untertisch.
Zur Ausstattung der Kel-Vera 750 gehört eine neue, hydrostatisch gelagerte B-Achse mit Direktantrieb, die für Maschinen der Baureihen Kel-Vera und Kel-Varia Wettbewerbsvorteile in puncto Schnelligkeit und Präzision verspricht. Die vorgespannte Hydrostatik ist die Basis für höhere Genauigkeit und Oberflächengüte. Schritte von 0,0001° sollen sich problemlos verfahren lassen und der Maschine «Messmaschinengenauigkeit» verleihen. Die Positioniergenauigkeit von unter einer Winkelsekunde erlaubt eine vergleichbare Positionierung der Schleifscheiben wie mit den linearen X- und Z-Achsen.
Die hohe Positioniergenauigkeit verbessert die Massgenauigkeit speziell in Fällen, bei denen nach dem Schwenken nicht abgerichtet werden kann, wie beispielsweise beim Einsatz von CBN- oder Diamantscheiben. Der verschleissfreie Direktantrieb ermöglicht hohe Verfahrgeschwindigkeiten. Werkzeugwechsel- sowie Nebenzeiten werden erheblich reduziert. Das Antriebssystem bietet zudem neue Anwendungsmöglichkeiten, etwa im Bereich der simultanen Bearbeitung.
Auch bei der X- und Z-Achse sind besonders steife hydrostatische Führungen die Basis für hohe Leistung und Dynamik. Hohe Eilganggeschwindigkeiten und optimierte Abrichtkonzepte senken die Nebenzeiten und tragen zu kurzen Zykluszeiten bei.
Aufbauend auf den Erfahrungen mit dem nur umlaufenden Werkstückspindelstock in der Ausführung für Belastungen bis zu 300 kg, ist neu ein kleinerer Werkstückspindelstock mit Direktantrieb für eine Belastung bis 200 kg erhältlich. Damit können die Vorteile des Direktantriebs auch für kleine und mittlere Werkstücke genutzt werden.
Die konsequente Trennung der Maschinenbasis von wärme- und schwingungserzeugenden Komponenten wirkt sich positiv auf Präzision und Produktivität aus. Das massive Maschinenbett aus Grauguss nimmt hohe Bearbeitungskräfte bis zu einer Schleifleistung von 20 kW auf. Es bietet ein günstiges thermisches Verhalten und verhindert Bimetalleffekte.
Die hohe statische und dynamische Steifigkeit des Maschinenbetts ermöglicht eine Dreipunktauflage und stellt dadurch keine besonderen Ansprüche an die Fundamentierung. Die Kühlmittelrückführung ist getrennt vom Maschinenbett. Grosszügige Luftspalte tragen zu hoher thermischer Stabilität bei und verhindern sprunghafte Massänderungen.
Die Kel-Vera-Reihe ist gemäss Standardkonfigurationen erhältlich, doch sind anwendungs- und kundenspezifische Ausführungen möglich. Optional verfügbar ist das in die Maschine integrierte automatische Beladesystem Kel-Portal, zu dessen Stärken schnelle Umrüstzeiten und einfache Programmierung gehören. Für komplexe Aufgabenstellungen steht eine neutrale Laderschnittstelle zur eigenen Ladersteuerung zur Verfügung. • Bernhard Reichenbach

L. Kellenberger & Co. AG
9009 St. Gallen, Tel. 071 242 91 11
info@kellenberger.net
www.kellenberger.com


Vier Fragen an Jürg Kellenberger
«Mit neuen, innovativen Entwicklungen profilieren»


Herr Kellenberger, was hat Ihr Unternehmen an den Bodensee gezogen, und weshalb ausgerechnet nach Romanshorn?

Die Firma Kellenberger hat sich in der Stadt St. Gallen nach Bauland umgesehen. Da in der gesuchten Grössenordnung und zu einem angemessenen Preis nichts gefunden werden konnte, wurde die Firma dann in Romanshorn im neuen Industriequartier Hof fündig. Es hätte auch eine andere aufstrebende Gemeinde in der Region sein können. Was für Romanshorn sprach: Romanshorn hatte das gesuchte Land, und die Gemeinde hat die Firma Kellenberger bei den Abklärungen und den nötigen Gesuchen und Bewilligungen tatkräftig unterstützt.

Vor welchen Herausforderungen steht Ihr Unternehmen derzeit?
Wie viele exportorientierte Unternehmen in der Schweiz ist auch die Firma Kellenberger direkt von den Unsicherheiten im Euroraum betroffen. Vor allem die Entwicklung des Wechselkurses Franken zu Euro schwebt immer im Raum und belastet die Geschäfte.

Wie reagieren Sie darauf?
Da auf die Wechselkursentwicklung kein Einfluss genommen werden kann, muss sich die Firma mit neuen, innovativen Entwicklungen, grossem Know-how und hoher Qualität profilieren. Durch den Neubau wird die Fertigungstiefe erhöht, das Know-how bleibt der Firma erhalten und dadurch auch die Kontrolle über die Qualität in eigenen Händen.

Was gibt es von Kellenberger Neues zu den Messen AMB und Prodex?
Es wird das neue Softwarepaket Kel-Soft – ein CAD/CAM-System als Ersatz von Kel-Poly – vorgestellt. Des Weiteren zeigen wir die Präzisions-Rundschleifmaschine Kel-Vera mit der vergrösserten Spitzenweite 750 Millimeter, die mit der neuen, hydrostatischen B-Achse ausgestattet ist, sowie das Beladesystem Kel-Portal mit neuen Optionen für stehende Werkstücke.

Jürg Kellenberger ist Geschäftsführender Direktor der L. Kellenberger & Co. AG in St. Gallen.