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«Ein sensationell guter Vorschlag»

Intelligent fräsen mit 4. und 5. Achse: Als die Werder AG in ein 3-Achs-Bearbeitungszentrum investieren wollte, empfahl die Werkzeugmaschinen-Handelsfirma Josef Binkert AG – eigentlich wenig zum Portfolio passend – eine Maschine mit langem X-Weg. Ein guter Rat. Denn die NVX 5100 von Mori Seiki ist sowohl mit separatem Drehtisch für die 5-Seiten-Bearbeitung bestückt als auch mit Schraubstock. Dadurch steht einer 6-Seiten-Komplettbearbeitung auf einer Maschine nichts mehr im Weg.

Intelligent fräsen mit 4. und 5. Achse: Als die Werder AG in ein 3-Achs-Bearbeitungszentrum investieren wollte, empfahl die Werkzeugmaschinen-Handelsfirma Josef Binkert AG – eigentlich wenig zum Portfolio passend – eine Maschine mit langem X-Weg. Ein guter Rat. Denn die NVX 5100 von Mori Seiki ist sowohl mit separatem Drehtisch für die 5-Seiten-Bearbeitung bestückt als auch mit Schraubstock. Dadurch steht einer 6-Seiten-Komplettbearbeitung auf einer Maschine nichts mehr im Weg.
Claude Werder hat immer ein offenes Ohr für gute Vorschläge, auch wenn sie sich zuerst einmal seltsam anhören. So geschehen bei seiner Anfrage an die Binkert AG bezüglich «einer genauen und stabilen Fräsmaschine mit der Voraussetzung der Mehrfachaufspannung». Mehr brauchte es nicht, denn beide Unternehmen kennen sich und haben über die Jahrzehnte ein Vertrauensverhältnis aufgebaut.
Als jedoch der Vertreter des Werkzeugmaschinenhändlers vorstellig wurde und eine Mori Seiki NVX 5100 mit 1 m X-Weg ins Spiel brachte, reagierte der umtriebige Firmenchef irritiert: «Wir kommen aus der Feinmechanik und bewegen uns im Bereich der kleineren Teile.» Wobei er durchaus zugibt, dass sich in den letzten Jahren das Werkstückspektrum nach oben verschoben hat.
Das Angebot von Binkert zielte allerdings in eine ganz andere Richtung: Der lange Tisch bietet genügend Platz, um unterschiedliche Spannelemente zu platzieren. Zum einen, die von Werder geforderte Mehrfachaufspannung in Form eines CNC-Drehtisches mit 4. und 5. Achse und zwei Aufspannstellen. Zum anderen, zwei Schraubstöcke, um unabhängig vom Drehtisch flexibel Teile aufspannen zu können. Und – sozusagen als Tüpfelchen auf dem i –, um die auf dem Drehtisch fünfseitig vorbearbeiteten Werkstücke durch einfaches Umspannen auf den Schraubstock letztendlich in einer Maschine fertig bearbeiten zu können.
«Das war», erinnert sich Claude Werder, «ein sensationell guter Vorschlag.» Die Umsetzung liess daher nicht lange auf sich warten: Seit einem halben Jahr steht die NVX 5100 jetzt bei der Werder AG. Ein CNC-Rundtisch von Lehmann der Reihe «CombiFlex» kuschelt sich in die rechte Ecke des Arbeitsraums. Nahezu mittig auf dem Tisch sind zwei pneumatische Schraubstöcke «125 GT» von Goodj platziert. So bleibt für den Bediener genügend Bewegungsfreiheit zum Einrichten. Zudem bietet diese Lösung laut Claude Werder noch einen weiteren, zumindest psychologisch wichtigen Vorteil: «Wir sind jetzt mit unserem Teilespektrum ein gehöriges Stück nach oben gewachsen. Denn sollte ein Kunde mit einem langen Werkstück kommen, können wir den Teileapparat entfernen und haben den vollen X-Weg zur Verfügung.» Bis jetzt noch nicht passiert; aber alleine der Gedanke daran ist beruhigend.
Entscheidend für diese Umsetzung waren die steife Maschine und der sehr kompakte, aber doch kraftvoll zupackende Rundtisch. Das Bearbeitungszentrum NVX 5100 von Mori Seiki, deren Maschinen von der Binkert AG in der Schweiz vertrieben werden, ist seit Mitte 2010 auf dem Markt. Sie gehört zur Nachfolgegeneration der mehr als 8000-mal verkauften NV-Serie.
Die sehr kompakte Maschine mit einer Grundfläche von 4,2 x 3,5 m (inklusive Späneförderer) kann Werkstücke bis zu 1,2 t aufnehmen. Um die thermische Stabilität zu erhöhen, sind die Zuführkanäle für Luft und Kühlöl symmetrisch um das Spindelzentrum angeordnet. «Wir bekommen dadurch eine gleichmässige Ableitung der Wärme und realisieren somit eine höhere Genauigkeit im Prozess», erklärt Daniel Stier, Verkaufsleiter der Josef Binkert AG.
Ungewöhnlich ist der Einsatz von Flachführungen in allen Achsen. Hier gehen die japanischen Werkzeugmaschinenhersteller schon seit Jahren eigene Wege, indem sie die Kunst der Flachführungen inklusive Schaben der Führungsbahnen pflegen. Der Erfolg zeigt sich nicht nur in einem steiferen Maschinenkonzept, sondern auch in der Dynamik. Mit 30 m/min Eilgang gehört die Maschine – trotz Gleitführung – sicherlich nicht zu den langsamsten ihrer Klasse.
Wobei für Claude Werder die Protzerei mit schnellen Vorschüben und hohen Beschleunigungswerten eher etwas fürs staunende Publikum ist: «Für uns spielt ein schneller Werkzeugwechsel oder der Einsatz einer Hochdruckkühlanlage die grössere Rolle. Denn da steckt noch viel Optimierungspotenzial drin, wenn es um die Qualität der Bearbeitung geht.» Nicht umsonst hat er eine KSS-Anlage mit 70 bar Druck gewählt.
Hier setzt auch der einzige Kritikpunkt des Firmenchefs an. Da die Hochdruckanlage als Option angeboten wird, muss sie von einem externen Lieferanten bezogen werden, in diesem Falle von Knoll. Aufgrund dieser Vorgehensweise fühlt sich Claude Werder vom Maschinenhersteller, nicht vom Lieferanten, ein wenig im Stich gelassen: «Bei diesen externen Lösungen kommt es fast immer zu kleinen Problemchen. Die lösen sich zwar schnell wieder auf. Aber ich denke, wenn ich für eine Maschine einen sechsstelligen Franken-Betrag investiere, kann ich ein Rundum-Sorglos-Paket erwarten.»
Das hat er jedenfalls von der Binkert AG bekommen, unter anderem beim geforderten CNC-Rundtisch. Die Lösung mit Lehmann hat für Daniel Stier den Charme, «dass wir hier ein sehr kompaktes System vorgefunden haben, das gleichzeitig stabil ist und über den Druckübersetzer hohe Spannkräfte aufbringen kann».
Für die notwendige Genauigkeit sorgen neben gehärteten und geschliffenen Getriebeelementen (Rad und Schnecke) auch die vierfach gelagerte Spindel und eine Klemmung nahe am Werkstück. Rund- und Planlaufgenauigkeit der CombiFlex-Baureihe gibt Lehmann mit 6 µm, optional sogar mit 3 µm an. «Auch deshalb», sagt Daniel Stier, «ist dieser Rundtisch die ideale Ergänzung für die NVX 5100.»
Sogar eine simultane 5-Achs-Bearbeitung wäre mit dieser Kombination möglich. Wobei die von Werder gewählte Lösung deutlich mehr Flexibilität bietet wie eine 5-Achs-Maschine, die – egal welcher Hersteller – eine Aufrüstung mit Schraubstöcken rein konstruktiv gar nicht zulässt.
Die Anbindung des CNC-Drehtisches an die Steuerung funktioniert laut Binkert-Verkaufsleiter Daniel Stier problemlos, da Mori Seiki entsprechende Schnittstellen vorgesehen hat. Zudem folgt das Einrichtprocedere einer ganz bestimmten Routine: «Wir bereiten die Installation immer bei uns im Hause vor, testen auf Funktionstüchtigkeit und liefern nur aus, wenn das gesamte System problemlos läuft.»
Kein Wunder, wenn sich Claude Werder mit der von Binkert vorgeschlagenen Lösung mehr als zufrieden zeigt: «Für uns war neben einer stabilen Maschinenausführung sehr wichtig, dass wir einen Arbeitsraum vorfinden, der nahezu optimal ausgenutzt werden kann. Es gibt keine störenden Kanten oder Bleche, bei denen man sich fragen muss, warum die jetzt genau dort platziert sein müssen.»•
-Wolfgang Pittrich

Samuel Werder AG
5106 Veltheim, Tel. 056 463 66 00
info@werder-ag.ch

Josef Binkert AG
8304 Wallisellen, Tel. 044 832 55 55
info@binkertag.ch
Mori Seiki: EMO, Halle 2, Eingang Nord
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Samuel Werder AG
Das Unternehmen wurde 1957 vom Vater des heutigen Geschäftsführers Claude Werder als feinmechanisches Atelier gegründet. Bereits damals wurden sowohl Fräs- wie auch Drehbearbeitungen angeboten. Heute ist die Samuel Werder AG auf mittlere bis grosse Serien hochpräziser Dreh- und Frästeile in kleineren bis mittleren Grössen spezialisiert und beschäftigt etwa 60 Mitarbeiter. Zum Einsatz kommen rund 70 Werkzeugmaschinen, davon je 30 Fräs- und Drehmaschinen. Neben der technischen Kompetenz übernimmt das Unternehmen auch soziale Verantwortung: Anfang des Jahres erhielt man den «This-Priis» für die nachhaltige Integration von Menschen mit einem Handikap.
Claude Werder ist optimistisch, bangt aber um den technischen Nachwuchs.
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Vier Fragen an Claude Werder, Samuel Werder AG

«Die Spiesse sind nicht mehr gleich lang»

Herr Werder, als Lohnfertiger sind Sie sehr abhängig vom aktuellen Frankenkurs – und der bereitet nach wie vor wenig Grund zu Freude, oder?
Rund 90 Prozent unserer Produkte gehen direkt oder über die Kunden indirekt ins Ausland. Der Währungskurs des Franken spielt für uns also eine grosse Rolle. Wir spüren den verstärkten Druck der Kunden, die entweder in Billiglohnländer wie China abwandern, oder einfach nur den Schritt über die Grenze ins benachbarte Baden-Württemberg machen. Die Spiesse sind einfach nicht mehr gleich lang.

Trotzdem investieren Sie in eine neue Fertigungshalle.
Wir sehen die Zukunft auch durchaus optimistisch. Unabhängig davon müssen wir immer besser und produktiver werden. Deshalb ist es für uns auch wichtig, die richtigen Partner an der Seite zu haben, wie beispielsweise die Binkert AG als Maschinenhändler. Denn der 08/15-Fertigungsbetrieb ist in der Schweiz genauso wenig überlebensfähig wie die 08/15-Lösung bei den Werkzeugmaschinen oder Werkzeugen. Wir benötigen die individuelle Beratung, um so zielgerichtet wie möglich investieren zu können. Das kann nur zusammen gelingen, da wir alle im selben Boot sitzen. Ich sehe eher ein anderes Problem auf uns zukommen ...

Welches?

Der Fachkräftemangel wird uns auf mittlere bis lange Sicht noch ganz intensiv beschäftigen. Bis vor ein paar Jahren konnten wir uns die Lehrlinge aussuchen; heute müssen wir ganz gezielt nach aussen gehen und um die jungen Leute buhlen. Das ist auch für uns eine neue Herausforderung. Der Beruf des Polymechanikers muss aufgewertet und als Hightechberuf, der er ja ist, in den Mittelpunkt gerückt werden. Und auch wir als Unternehmen werden uns mit unserer Leistung und unseren Möglichkeiten besser präsentieren müssen, wollen wir nicht den Nachwuchs an die grossen Unternehmen verlieren.

Der Weg in die Zukunft bleibt also steinig?

Wir hatten auch in der Vergangenheit bereits ein paar Krisen erfolgreich gemeistert. Ich kann mich noch gut an ein Plakat erinnern, das vor Jahren – ebenfalls mitten in einer Krise – auf einer EMO-Messe hing: «Schlechte Zeiten sind gute Zeiten für die Besten.» Wer heute sein Unternehmen produktiver macht, der ist für die Zukunft, wenn die Zeiten wieder normaler werden, bestens aufgestellt.