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Ohne Gesetz geht (fast) nichts

Wer 2014 auf Messen unterwegs war, auf denen Elektroantriebe gezeigt wurden, staunte nicht schlecht: Im Moment ist die Umsetzung der Vorschriften für die Energieeffizienzklasse IE3 im Gange, aber bereits gibt es Hersteller, die Motoren anpreisen, welche der höheren Effizienzklasse IE4 entsprechen. Sogar IE5-Motoren wurden schon vorgestellt. Die TR hakte auf der Sindex bei den Anbietern nach, was es damit auf sich hat.

 

Die Elektromotorenhersteller ABB und WEG präsentierten im vergangenen April auf der Hannover Messe ihre Konzepte für Elektromotoren der Wirkungsgradklasse IE5. ABB ging dabei von ihrem bekannten Synchronreluktanzmotor aus und von den definierten, aber noch nicht verabschiedeten Werten der Klasse IE4, der derzeit höchsten standardisierten Wirkungsgradklasse. Durch die Reduzierung der Verluste dieses Motors um 20 Prozent würden jene Werte erreicht, welche die künftige, noch nicht offiziell definierte Wirkungsgradklasse IE5 beinhalten soll.

Im kommenden Jahr 2015 wird aber erst IE3 für einen Teil der E-Motoren verbindlich eingeführt (siehe Kasten «Auf einen Blick»). Angesichts dessen stellen sich einige Fragen: Ist bereits die ganze Leistungspalette an IE4-Motoren erhältlich? In welchem Mass werden diese nachgefragt? Gibt es überhaupt eine Nachfrage und ein reales Angebot von IE5-Motoren oder sind Anläufe für IE5 reine Marketingübungen?

Der Marketingleiter von ABB Schweiz, Andreas Arnold, sieht wohl einen gewissen Marketing-effekt beim Thema IE5, gibt aber auch zu bedenken, dass die Energieeffizienzthematik in Zukunft in der Industrie bei Erneuerungen zunehmend wichtiger wird: «Abgesehen davon, dass wir die gesetzlichen Vorschriften erfüllen müssen, ist es auch eine reine Geldfrage. Momentan haben wir die sehr spezielle Situation, dass die Energiehersteller im Prinzip ihr Produkt unter den Gestehungskosten verkaufen. Diese Tatsache führt zwingend zur Erkenntnis, dass wir im Moment mit einem Systemfehler leben und dass es so nicht die nächsten dreissig Jahre weitergehen wird. Der monetäre Effekt des Energiesparens ist also nicht wegzudiskutieren.»

Laut Arnold sind die Mehrkosten eines Motors der nächsthöheren Effizienzklasse, wenn er als Langläufer eingesetzt wird, je nach Leistungsklasse bereits nach gut zwei Jahren amortisiert. Wichtig sei dabei, dass man den Motor nicht isoliert, sondern im Paket mit Frequenzumrichter – so vorhanden – und idealerweise mit allen Komponenten des Antriebsstrangs betrachte.

Sein Kollege aus dem Verkauf bei ABB, Peter Madern, ergänzt: «Hier auf der Sindex wird IE4 wirklich nachgefragt. Die Kunden wollen jetzt sparen. Es gibt Grosskunden, die jetzt wegen interner Vorgaben jedes Jahr 3 Pro- zent Energie einsparen müssen. Die Situation hat sich wirklich geändert: Vor vier Jahren wollten wir IE3 verkaufen, aber keiner war interessiert. Heute kommt die Nachfrage nach noch höheren Leistungsklassen. Die Leute wollen jetzt IE3 und IE4, und wenn es geht noch mehr.»

Bei Markus Thöni, Geschäftsführer der EMWB Elektromotorenwerke Brienz, tönt es etwas anders. Natürlich hat auch er die ganze Palette von IE3-Antrieben im Programm, dazu in den verschiedenen Leistungsklassen einen Teil als IE4-Antriebe, genau wie ABB und Siemens, oder der Anbieter Alfred Imhof mit den Produkten von SEW-Eurodrive. Aber ihm sei bisher weder eine Anfrage noch eine Anwendung zu IE5 untergekommen. Zur realen Existenz von IE5-Motoren sagt Thöni, solche Verlautbarungen seien primär vom Marketing getrieben.

Für IE4-Motoren sieht er durchaus eine hohe Notwendigkeit, EMWB habe diese aus dem Effi- zienzgedanken heraus und weil sich das bei Langläufern rechne ent- wickelt. Sie hätten das Bedürfnis im Markt erkannt und darauf rea- giert beziehungsweise Vorarbeit ge- leistet, für den Zeitpunkt, an dem die strengere Norm eingeführt wird, erklärt Thöni. Das Thema Ökologie sei auch bei den einen oder anderen Kunden ein Thema.

Zur konkreten Nachfrage nach IE4-Motoren sagt Thöni, die sei so lange stark gewesen, bis die Motoren effektiv bereitgestanden hätten. Jetzt, wo die Motoren verfügbar seien, sei sie etwas geringer. Es gebe zwei Gruppen von Kunden, die einen wollten bereits heute aus Kostengründen besser dastehen, als es die Normen verlangen. Die zweite Gruppe wolle nur wissen, welches das letzte mögliche Datum ist, an dem sie ihnen noch legal einen günstigen Motor mit möglichst niedriger Energieeffizienz liefern dürfe und wollte keinen einzigen Franken mehr bezahlen.

Im Verkauf bei Siemens setzt man ebenfalls bereits im grossen Stil auf IE4-Motoren. Zwar finde sich noch nicht die ganze Leistungspalette in ihrem Katalog, aber man könne Motoren aller Leistungsklassen bestellen, heisst es. Solange es der Gesetzgeber noch nicht zwingend fordere, wie in den kommenden Monaten bei IE3, sei auch ein Teil der Kundschaft noch nicht so weit, IE4-Motoren anzuschaffen, obwohl sich der Einsatz durch Einsparungen im Betrieb durch die geringeren Energiekos-ten rechne.

Auch an der Thematik IE5 arbeitet auch Siemens, aber es werde zunehmend schwieriger, den Effizienzgrad noch zu verbessern, indem man die Verluste zu verringern versuche, heisst es da.

Das leuchtet ein, wenn man sich ein plakatives Zahlenbeispiel vergegenwärtigt: Geht man von einem Wirkungsgrad von 90 Prozent und damit von 10 Prozent Verlust aus, bedeutet 1 Prozent Wirkungsgradverbesserung eine Reduktion des Verlustes um 10 Prozent. Steht man schon bei einem Wirkungsgrad von 95 Prozent, bedeutet eine Verbesserung im Gesamtwirkungsgrad um wiederum 1 Prozent bereits 20 Prozent Verlustreduktion.

ABB Schweiz AG
5400 Baden, Tel. 058 585 00 0
www.abb.ch/industrieautomation

Elektromotorenwerke Brienz AG
3855 Brienz, Tel. 033 952 24 24
www.emwb.ch

SEW-Eurodrive: Alfred Imhof AG
4142 Münchenstein, Tel. 061 417 17 17
info@imhof-sew.ch

Siemens Schweiz AG Industry Sector
8047 Zürich, Tel. 0848 822 844
www.siemens.ch/industry

WEG: HS-Antriebssysteme
8620 Wetzikon, Tel. 044 931 02 60
www.hs-antriebssysteme.ch