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Management

«Die Herstellernamen sind unser Kapital»

Philippe Selot wechselte auf Juni 2013 von seiner vorherigen Aufgabe im Vertrieb der Fritz Studer AG, einem Mitglied der vormaligen Körber-Schleifring-Gruppe, in seine neue Funktion als Manager Marketing Kommunikation der Holding, die jetzt United Grinding Group AG heisst. Im Exklusivinterview mit TR-Redaktor Markus Schmid erzählt er, wie er zu dieser Aufgabe fand, was es mit dem neuen Standort der Holding in Bern auf sich hat und wohin sich United Grinding zu entwickeln gedenkt.

Herr Selot, wie haben Sie sich seit Ihrem Wechsel in die neue Funktion am neuen Arbeitsort eingelebt?

Es gefällt mir hier in Bern sehr gut, und nach gut einem halben Jahr in der neuen Funktion bin ich auch im Job angekommen.


Wechseln wir in die Vergangenheit: Wie sah Ihre frühere Aufgabe bei der Fritz Studer AG aus?

Ich war zehn Jahre lang, von 2002 bis 2012, in Asien für die Firma Studer im Verkauf tätig. Das umfasste die Märkte Japan, China, Korea, Philippinen und Taiwan. Ich lebte zwei Mal über fünf Monate hinweg permanent in Japan und verbrachte in der restlichen Zeit etwa die Hälfte des Jahres auf Geschäftsreisen in Ostasien.


Sie sind zweisprachig mit Deutsch und Französisch aufgewachsen. Hat Ihnen die Mehrsprachigkeit bei Ihrem Einsatz in Asien geholfen?

Ganz sicher. Ich bin zur Überzeugung gelangt, dass wir Schweizer uns überhaupt stärker unseres Vorteils bewusst sein sollten, den wir haben, weil wir in einem multikulturellen Land aufwachsen. Es ist sogar oft so, dass uns die Nachbarn deshalb etwas beneiden. Wir nehmen dies nur nicht oder zu wenig wahr.


Unter dem Strich: Haben Sie gerne in Fernost gearbeitet?

Sehr gerne! Es wäre für mich jederzeit wieder der Traummarkt, wenn ich wählen müsste. Ich möchte die Zeit nicht missen. Die Arbeit und das Leben dort sind unglaublich bereichernd. Aber es fordert einem auch viel ab. Um das zu verstehen, muss man als Erstes einmal klarstellen, dass es Ostasien so nicht gibt, wie es von Europäern oft klischeehaft wahrgenommen wird, nämlich als Teil eines Kontinentes mit lauter sehr ähnlichen Kulturen. Der kulturelle Unterschied zwischen einem Han-Chinesen und einem Japaner oder einem Koreaner ist grösser als der zwischen einem Skandinavier und einem Sizilianer. Wir sind uns in Europa kulturell und geschichtlich näher, als es die Asiaten gegenseitig sind.


Verursacht dies in der Arbeit nicht zusätzliche Schwierigkeiten?

Das ist gerade das Spannende an der Situation: Man muss, um dort erfolgreich Geschäfte tätigen zu können, komplett umdenken und sich auf die sozialen Regeln einlassen. All diese Feinheiten müssen Sie erkennen und zuerst einmal die Unsicherheiten eliminieren. Das geht am besten, wenn Sie sich im jeweiligen Land so verhalten wie es die örtliche Kultur verlangt.


War das ständige Pendeln für Sie nicht eine extreme Belastung?

Es ist schon so, dass die dauernden Reisen in West-Ost-Richtung mit den Zwölfstundenflügen, der Zeitverschiebung und dem Jetlag einen mit der Zeit etwas auslaugen.


Dann waren Sie bei dieser Schlagzahl nach zehn Jahren langsam reif für einen Wechsel?

Die Möglichkeit, die neue Aufgabe eines Managers Marketing Kommunikation bei der vormaligen Körber Schleifring Gruppe, der heutigen United Grinding Group, zu übernehmen, kam für mich zum richtigen Zeitpunkt.


Was konnten Sie mitnehmen aus Ihrer vorherigen Funktion bei Studer in die United Grinding Group?

Ich erachte es als ideale Aufgabe, um all das, was ich mir im internationalen Geschäft erarbeitet habe, vollumfänglich in der neuen Funktion umsetzen und nutzen zu können. In meiner neuen Funktion als Kommunikationsverantwortlicher kommt mir die Erfahrung mit den Sensibilitäten verschiedener Kulturen zugute. Die Asien-Erfahrung hilft mir auch, wenn es um Kontakte mit unseren Niederlassungen in der Nähe von Shanghai oder in Bangalore, in Indien, geht.


Inwiefern?

Das sind nicht einfach Verkaufsstellen. Wir gewährleisten dort vor Ort eine vollumfängliche Betreuung und Dienstleistung, im selben Mass wie hier in Europa oder in den USA. Das ist notwendig, um in diesen Märkten erfolgreich zu sein. Wenn wir einem asiatischen Partner, dem wir ja ein Investitionsgut verkaufen, diesen Service und diese Sicherheit nicht bieten, werden wir ihn nie als Kunden gewinnen. Er würde nicht akzeptieren, dass sein Problem immer erst den Weg  nach Europa und zurück macht, bevor er eine Lösung erhält. Ebenso wichtig für ihn ist es, dass seine Ansprechpartner vor Ort Angehörige seiner Gesellschaft und Kultur sind. Das hat unter anderem zur Folge, dass United Grinding heute in China für den lokalen Markt selbst fertigt.


Riskieren Sie dabei nicht Technologieklau?

Das glauben wir nicht. Aus zwei Gründen: Der Schleifmaschinenmarkt ist für einen Kopierer unattraktiv, weil er klein ist im Vergleich zu jenem für Maschinen, die in anderen spanenden Verfahren eingesetzt werden. Dieser Umstand mindert für einen potenziellen Kopierer schon einmal die Gewinnaussichten. Zweitens steckt beim Schleifen sehr viel Know-how in der Parametrierung der Maschine, wenn man beim Einsatz einer solchen Maschine Spitzenresultate erreichen will. Dazu braucht es Erfahrung, wie es eben nur Marken wie die unseren liefern können, die sich teilweise seit über 100 Jahren mit der Materie beschäftigen.


Es hat sich viel getan bei der vormaligen Körber-Schleifring: Im Sommer 2012 hat man das Geschäftsdomizil der Gruppe von Hamburg nach Bern verlegt. Wurde damit primär ein günstigeres Steuerdomizil für die Holding gewonnen?

Nein. Der Grund für den Umzug der damaligen Körber Schleifring Holding nach Bern war ganz klar ein Entscheid für einen Standort, der stärker in der geografischen Mitte zwischen den einzelnen Firmen der Gruppe liegt. Von Bern aus erreichen wir unsere europäischen Gesellschaften in zwei bis drei Stunden per Auto oder Flug. Wichtig war aber natürlich auch die relative Nähe zu Studer in Thun, die viele administrative Aufgaben für die Holding übernimmt. In Bern sind wir sehr schlank aufgebaut. Studer und Walter bilden unser Fertigungskonzept. Daher besteht ein weiterer Grund, in der Nähe von Studer zu sein.


Wie sehen die einzelnen Fertigungskompetenzen aus?

Bei Studer ist es ein ganzes Portfolio. Einmal sicher alles, was rund ist – also die Kernkompetenz von Studer – und geschliffen werden muss, von den diversen Spindeln bis zu den Schleifscheibenaufnahmen. Das ist aber nicht alles. Studer liefert auch ganze Baugruppen oder Rumpfmaschinen für die anderen Mitglieder der Gruppe, da die Fabrikationsmittel bei Studer optimal sind. Eigentlich sind es alle Präzisionsteile, die nicht extern hergestellt werden. Dieselbe Philosophie wird bei Walter gelebt.


Hat dieser Umzug in die Nähe von Studer Auswirkungen auf die Ausrichtung von United Grinding? Will man beispielsweise das Rundschleifen stärken auf Kosten des Flach- oder Werkzeugschleifens?

Überhaupt nicht, wir wollen alle unsere drei Bereiche vorwärtsbringen!


Auf die EMO 2013 hin hat man den Namen der Gruppe auf United Grinding Group geändert mit der Begründung, dass so die Gruppenmarke international gestärkt und weltweit besser wahrgenommen werde. Wie ist man auf diesen Namen gekommen?

Die Metapher im deutschen Namen Schleifring, wo das Wort Ring auch für Vereinigung von Firmen im Bereich Schleifen steht, funktioniert einfach im Englischen nicht. Da wir aber auf der ganzen Welt tätig sind, müssen wir einen Namen führen, der unsere Kompetenz in der Weltsprache Englisch für jeden verständlich widerspiegelt. Wir hatten drei Namen: in Europa «Körber Schleifring», in China «Körber Schleifring Machinery» und in USA «United Grinding». Dieser Begriff existierte übrigens in der Gruppe schon seit 1994, als unsere amerikanische Vertriebs- und Servicegesellschaft gleichen Namens in den USA gegründet wurde. Der Name United Grinding widerspiegelt auch genau, was wir sind: der Zusammenschluss von Firmen in der Hartfeinbearbeitung und mit dem Untertitel «Körber Solutions» die Zugehörigkeit zur starken Körber-Gruppe.


Welche Zielmärkte hat man besonders im Auge?

Die wichtigsten Märkte liegen in Asien, insbesondere in China und Japan, ebenfalls in Korea und Indien. Aber auch Nordamerika, Mexiko – wo wir übrigens letzten Monat eine neue Niederlassung eröffnet haben – und Brasilien sind wichtig. Natürlich vernachlässigen wir Europa nicht. Von dort kommen vorwiegend die technologischen und qualitativen Anforderungen. Wir pflegen weiterhin die traditionellen europäischen Märkte und verstärken unsere Präsenz in den neuen Märkten.


Wird es dazu kommen, dass nur United Grinding irgendwann als Brand gross auf den Maschinen steht?

Der Gruppenname steht heute schon überall drauf. Dominant ist der Herstellername, und das wird auch so bleiben, weil dieser die jeweilige Kompetenz transportiert. Diese Namen sind ein Teil unseres Kapitals! Im Bereich Rundschleifen wird diese Kompetenz repräsentiert von Studer mit dem Gründungsjahr 1912 sowie Mikrosa, gegründet 1878 und Schaudt, gegründet 1906. Im Bereich Flach- und Profilschleifen sprechen wir von Blohm – seit 1924 – und Mägerle, wo man 1932 mit dem Schleifen begann. In unserem dritten Bereich, dem Werkzeugschleifen, sind Walter seit 1924 und die Ewag seit 1946  international ein Begriff. Und als Gruppe sind wir in der Hartfeinbearbeitung weltweit führend.■

- Markus Schmid


United Grinding Group AG, Bern

Tel. 031 356 01 11

info@grinding.ch, www.grinding.ch


Fritz Studer AG, Thun

Tel. 033 439 11 11

info@studer.com, www.studer.com