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«Speziell auf die Schweizer Bedürfnisse ausgerichtet»

Vor rund zwei Jahren hat der Verband swissT.net laut darüber nachgedacht, dass dem Werkplatz Schweiz eine neue Leitmesse gut zu Gesicht stünde. Die Messe Bern hat den Ball aufgenommen und die «Sindex» ins Leben gerufen. Im Vorfeld der Erstaufführung (4. bis 9. September) hat sich TR-Chefredaktor Wolfgang Pittrich mit René Brugger, Max Würmli und Roland Steinemann von swissT.net getroffen. Im Gespräch erörterte man unter anderem die Ausrichtung und Zielsetzung der neuen Messe.

Herr Brugger, Sie zeichnen als Präsident von swissT.net massgeblich dafür verantwortlich, dass der Verband die Sindex angeschoben hat. Braucht man in der Schweiz wirklich eine neue Industriemesse? Die Messelandschaft ist jetzt schon sehr zersplittert und daher für Besucher nicht gerade attraktiv.
Brugger: Die Mitglieder des Verbandes swissT.net waren mit der bisherigen Messelandschaft in der Schweiz ebenfalls nicht glücklich. Es gab zwar in der Vergangenheit ein paar Versuche, die speziellen Interessen der Schweizer Industrie in einer Veranstaltung abzubilden. Sie sind aber – aus welchen Gründen auch immer – im Sande verlaufen. Aus diesem Grund stiessen wir von Verbandsseite die Diskussion an, ob es sinnvoll wäre, eine neue Messe ins Leben zu rufen, und wie diese zu gestalten sei.
Steinemann: Wir sind allerdings kein Messeveranstalter. Unser Part war, ein Pflichtenheft zu erstellen, in dem der Verband darlegt, wie sich unsere Mitglieder eine Veranstaltung vorstellen, die den Interessen der Branchen entspricht. Dieses Pflichtenheft war Basis einer Ausschreibung.
Würmli: Die Messe Bern hat daraufhin ein interessantes Konzept vorgeschlagen, auf dessen Basis die Sindex entstanden ist. Wir sehen darin eine ideale Plattform, wo unsere Mitglieder – und natürlich auch andere Industrieunternehmen – gemeinsam auftreten können und sich wohlfühlen. Deshalb tragen wir als Verband die Sindex mit und pushen sie nach aussen.

Wie sah das Pflichtenheft damals genau aus? Wo hat der Verband den Fokus gesetzt?
Brugger: Schwerpunktmässig geht es darum, wie der Produktivitätsvorsprung der Schweizer Unternehmen gegenüber den ausländischen Mitwettbewerbern in Hinblick auf deren Produktivitätszahlen nicht nur zu halten, sondern weiter auszubauen ist. Ein aktuelles Stichwort dazu lautet: Frankenstärke.

Wie wollen Sie das auf einer Messe abbilden?

Brugger: Ausgangspunkt unserer Überlegungen war ein Bild, dass wir mit der neuen Messe, also der jetzigen Sindex, die ganze Fabrik als Produktionsstätte inklusive der vor- und nachgelagerten Prozesse umarmen.
Würmli: Umarmen heisst, welches Know-how können die Aussteller den Produktions- und Entwicklungsverantwortlichen, die zu 80 Prozent exportorientiert denken müssen, an die Hand geben, um deren Optimierungsarbeit zu erleichtern oder vielleicht sogar erst anzustossen.

Mit einer reinen Automatisierungsmesse werden Sie diesem Ansatz aber kaum gerecht.

Steinemann: Der Verband swissT.net repräsentiert nebst der Automatisierungsbranche auch weitere wichtige Industriezweige; beispielsweise mit dem Fachbereich 1 die ganze Elektronik und Elektrotechnik. Wenn Sie einen Blick auf die Messenomenklatur werfen, Herr Pittrich, werden Sie sehen, dass die Sindex sehr breit aufgestellt ist. Sie finden die Bausteine Automatisierung genauso wie Hydraulik und Pneumatik oder Mechatronik, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Zudem soll die Messe – auch das ein Punkt im Pflichtenheft – betriebswirtschaftliche Aspekte beleuchten. Ein Stichwort dazu lautet: Exportchancen in neue Märkte.

Das tönt ein wenig nach «Hannover Messe». Ist die deutsche Veranstaltung ein Vorbild für die Sindex?

Brugger: Wir hatten keine andere Veranstaltung als Vorbild vor Augen, sondern nur die Überlegung: Die Schweiz ist weltweit pro Kopf gesehen die Nummer 1 bei den Maschinenexporten. Es müsste eigentlich in dieser Branche eine grosse Nachfrage nach einer Veranstaltung bestehen, die genau auf deren Bedürfnisse zugeschnitten ist.
Würmli: Das ist exakt das Ziel der Sindex, den produzierenden Unternehmen zu zeigen, welche Möglichkeiten es gibt, um die eigenen Prozesse zu optimieren und damit den Werkplatz Schweiz zu stärken. Dazu gehört, dass die Messe die gesamte Lieferkette abbildet. Dazu gehört ebenfalls die übergreifende Zusammenarbeit mit anderen Organisationen, wie beispielsweise Swissmem, um deren Klientel für einen Besuch zu begeistern.

Apropos begeistern; bis vor zwei, drei Monaten hielt sich die Begeisterung, auf der Sindex auszustellen, in Grenzen. War am Anfang noch von über 400 geplanten Ausstellern die Rede, ist man anscheinend jetzt schon mit 300 zufrieden – so jedenfalls das offizielle Kommuniqué der Messe Bern.

Steinemann: Wir haben davon gesprochen, dass wir bei der Erstveranstaltung mit einer belegten Fläche von 8000 Quadratmetern rechnen, was bei einer mittleren Standfläche von 20 Quadratmetern die Zahl 400 ergäbe. Aktuell sind von knapp 300 Ausstellern gegen 12 000 Quadratmeter Nettoausstellfläche belegt.

Die Messe ist also ausgebucht?
Brugger: Noch nicht ganz, es hat noch ein bisschen Platz. Aber für 400 Aussteller wird es nicht reichen. Wir sind – positiv gesehen – überrascht worden, dass die Aussteller mehr Fläche gebucht haben, als wir aufgrund bisheriger Erfahrungen angenommen hatten. Auch das ein Beweis für die Akzeptanz der Messe bei den Unternehmen.
Würmli: Wenn man sich die Ausstellerliste ansieht, ist ersichtlich, dass die Sindex zu einem hohen Prozentsatz repräsentativ für den gesamten Markt steht. Dadurch wird sie ganz klar zur Technologiemesse für die adressierte Branche.

Die Zahlen tönen ja ganz gut. Trotzdem bleibt bei mir der Eindruck hängen, dass die Kommunikation seitens der Messe Bern im Vorfeld einer Erstveranstaltung ein wenig dürftig war.
Steinemann: Fakt ist: Die Hallen sind gefüllt, und alle wichtigen Marktplayer sind anwesend. Die Frage ist, ob es Sinn macht, zu früh in die Besucherwerbung einzusteigen oder erst dann, wenn man was zu sagen hat. Aber es ist richtig, dass sowohl die Messe Bern als auch die Aussteller jetzt intensiv die neue Veranstaltung bewerben müssen, damit die Zielgruppen erreicht werden und die Messe in den Terminkalendern einen festen Platz einnimmt.

Nun ist Bern ja nicht gerade der Nabel der Schweizer Industrie. Warum dieser Standort?
Würmli: Bern liegt sehr zentral und ist daher sowohl von der Ost- wie der Westschweiz gut zu erreichen. Auch die Anbindung an die Zentralschweiz ist sehr gut. Und das Potenzial der Welschen ist nicht zu unterschätzen. Da besitzt Bern einen klaren Standortvorteil.
Steinemann: Zudem hat Bern mit der neuen Halle einen Rahmen gespannt, in dem sich die Aussteller gut ausbreiten und präsentieren können. Die Anbindung an die Messe ist verkehrstechnisch ebenfalls sehr günstig gelöst und kommt den Besuchern entgegen.
Brugger: Mit Bern haben wir einen Standort, der eine Nähe zur Politik verspricht und zu dem Netzwerk, das dort zu finden ist.

Was hat das mit der Sindex zu tun?
Brugger: Der Maschinenbau ist eine volkswirtschaftlich relevante Grösse in der Schweiz, taucht aber in der öffentlichen Wahrnehmung kaum auf. Das ist nicht nur nachteilig für das allgemeine Image der Branche, sondern auch und vor allem für die zukünftige Personalpolitik. Wir müssen deshalb auf diesem Gebiet verstärkt aktiv werden, um ein breiteres Bewusstsein in der Öffentlichkeit, in der Politik und in den Hochschulen für die Wichtigkeit des Werkplatzes Schweiz herzustellen. Der Messeplatz Bern könnte sich mittel- und langfristig auch aus diesen Gründen als richtig und wichtig erweisen.

Der theoretische Überbau der Sindex scheint schlüssig. Hand aufs Herz: Wird die Messe ein Erfolg?

Würmli: Die Signale, die in den letzten Wochen aus Bern gekommen sind, zeigen, dass das Fundament für eine erfolgreiche Messe gelegt ist. Ich persönlich bin vom Messeplatz und der neuen Halle begeistert. Natürlich wissen wir alle, dass dieser positive Rahmen nicht von der Pflicht des Messeveranstalters wie auch der Aussteller entbindet, sich für den Erfolg ins Zeug zu legen.
Brugger: Ich bin davon überzeugt, dass wir vor zwei Jahren richtig entschieden haben.•


swissT.net
8604 Volketswil, Tel. 044 945 90 90
info@swisst.net

Sindex, 4. bis 6. September 2012
Bernexpo AG, 3014 Bern, Tel. 031 340 11 11
info@bernexpo.ch, www.sindex.ch