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Energieeffizienz – echtes Kauf- oder nur Scheinargument?

Beim Werkzeugmaschinenkauf spielt «Energieeffizienz» eine untergeordnete Rolle – noch: Der Einsatz energieoptimierter Werkzeugmaschinen anstelle herkömmlicher «Energiefresser» bietet hohe, quantifizierbare Einsparpotenziale. Ist «Energieeffizienz» deshalb ein wichtiges Verkaufs- sowie ein echtes Kaufargument? Die «Technische Rundschau» hat führende Schweizer Werkzeugmaschinenhersteller dazu befragt.

Vor dem Hintergrund einer stark wachsenden Weltbevölkerung und knapper werdender Ressourcen sind Begriffe wie «Nachhaltigkeit» und «Energieeffizienz» in vieler Munde. Stetig steigende Energiekosten, Versorgungssicherheit oder Klimaschutz sind Aspekte, die den Einsatz energiesparender Geräte, Maschinen und Anlagen nötig erscheinen lassen. Daher gewinnt das Thema Energieeffizienz auch für die Hersteller und Anwender von Werkzeugmaschinen seit einigen Jahren an Bedeutung.
Die genannten Punkte brachten etwa den Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) dazu, unter dem Signet «Blue Competence» eine Nachhaltigkeitsinitiative zu starten, der sich diverse nationale Verbände – darunter auch Swissmem – angeschlossen haben. Gegenstand der Initiative ist Nachhaltigkeit in der Industrieproduktion und die energetische Optimierung von Prozessen wie Endprodukten.
Doch was ist diesbezüglich überhaupt technisch und wirtschaftlich machbar, und vor allem wie? Energieeffizienz betrifft Mechanik, Antriebs- und Steuerungstechnik gleichermassen: Nachhaltige Werkzeugmaschinen besitzen heute effiziente Servoantriebe, optimierte Spindeln mit Energierückspeisung, hinsichtlich des Energieverbrauchs angepasste Bauteile und Komponenten sowie Konzepte zur bedarfsgerechten Regelung, zur Vermeidung unnötiger Leistungsaufnahme im Stillstand und zur Nutzung von Abwärme.
Die durch verbesserten Energiehaushalt bewirkten positiven Veränderungen hinsichtlich Klima- und Umweltschutz sowie Wirtschaftlichkeit lassen sich quantifizieren: In Bezug auf mögliche finanzielle Einsparungen geben verschiedene Werkzeugmaschinenhersteller eine Reduktion der jährlichen Betriebskosten pro Maschine (zum Beispiel Bearbeitungszentrum) von mittleren vierstelligen Beträgen an.
Die Vorteile in puncto Wirtschaftlichkeit liegen also auf der Hand – aber ist «Energieeffizienz» deshalb ein wichtiges Verkaufs- respektive ein echtes Kaufargument für den Kunden? Die «Technische Rundschau» hat sich des Themas angenommen und führende Schweizer Werkzeugmaschinenhersteller befragt (Seite 36 f.). Der Tenor ist eindeutig: Alle befragten Unternehmen sind in diesem Bereich aktiv und bestrebt, ihre Maschinen entsprechend zu optimieren. Bei der Mehrzahl der Anbieter ist «Energieeffizienz» daher auch ein Verkaufsargument, das zudem an Bedeutung gewinnt.
Für viele Anwender jedoch ist «Energieeffizienz» trotz der erheblichen finanziellen Einsparpotenziale kein echtes Kaufargument. Gegenwärtig steht dieser Faktor bei der Anschaffung einer Werkzeugmaschine oft eher im Hintergrund, doch gehen die Hersteller davon aus, dass er für die Kunden bei weiter steigenden Energiekosten künftig immer wichtiger wird. Derzeit spielen insbesondere bei kleineren Unternehmen Punkte wie technische Daten, Lieferzeiten und Kaufpreis sowie Produktivität, Prozesssicherheit und Service eine wesentlich bedeutendere Rolle.
Anders ist es bei grösseren Unternehmen, die sich mehr mit den Gesamtbetriebskosten (TCO) auseinandersetzen und die Energieeffizienz einer Maschine daher näher betrachten. Ihre Beschaffungsrichtlinien beinhalten das Thema, und bei vielen Pflichtenheften muss dem Rechnung getragen werden. Hinzu kommt, dass es beim Kauf nachweislich energieeffizienter Maschinen Fördergelder gibt und dass Unternehmen bei der Finanzierung besser unterstützt werden, wenn sie nachweisen können, dass sie in eine energieeffizientere Maschine investieren. Auf diese Weise wird «Energieeffizienz» beim Maschinenkauf von einem Neben- zu einem Hauptargument.
- Bernhard Reichenbach
www.bluecompetence.net

TR-Meinung
Bei der Anschaffung einer Werkzeugmaschine ist bei vielen KMU «Energieeffizienz» kein Kaufargument. Andere Aspekte wie Produktivität und Prozesssicherheit stehen deutlich im Vordergrund. Das ist verständlich, denn von diesen Faktoren hängt schliesslich in erster Linie das Wohl und Wehe des Betriebs ab. Dennoch sollten die Verantwortlichen dieser Unternehmen auch den Punkt «Energieverbrauch» im Auge behalten. Ein Einsparpotenzial von mehreren tausend Franken an jährlichen Betriebskosten pro Maschine ist schliesslich kein Pappenstiel. Und etwas zu verschenken haben derzeit die wenigsten Schweizer KMU. (re)