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Die Herausforderung heisst Vereinfachung

Outsourcing von Engineeringtätigkeiten: Ob und wann ein Unternehmen Planungs- und Konzeptarbeiten nach aussen geben soll, ist sicherlich keine leichte Entscheidung. Dass ein Outsourcing durchaus Sinn macht, zeigt der Blick auf die simplify engineering AG. Die Philosophie des kleinen, aber schlagkräftigen Engineeringdienstleisters lautet: «Wettbewerbsfähige Produkte durch Vereinfachung.» Die Berlinger Special AG hat erfolgreich auf dessen Dienste zurückgegriffen.

Viele Unternehmen sind stolz darauf, die gesamte Produktentwicklung im eigenen Hause vorzuhalten – obwohl eigentlich die notwendige Manpower dafür fehlt. Die Folge: Entwicklungs- und Produktionsprozesse werden zu selten auf Wirtschaftlichkeit und Effizienz hinterfragt. Die Überraschung ist dann gross, wenn ein bisher erfolgreiches Produkt plötzlich nicht mehr wettbewerbsfähig ist.
Patrick Gutknecht kann dieses Dilemma nachvollziehen. Als Geschäftsführer des Engineeringdienstleisters simplify engineering stand er oft genug Unternehmen zur Seite, die sich genau in dieser Zwickmühle befunden hatten: «Es kommt der Punkt, da wird der Berg aus Projekten und Optimierungsvorhaben, den man immer wieder vor sich hergeschoben hat, so gross, dass es schon angebracht sein kann, sich externe Hilfe zu holen.» Ganz bewusst möchte er diese Hilfestellung nicht als Eingeständnis von Schwäche werten: «Es zeigt, dass die Unternehmen bereit sind, über den eigenen Tellerrand zu blicken.»
Die simplify engineering AG ist ein Tochterunternehmen der Högg Holding und agiert seit 2012 als eigenständig operierender Unternehmensteil. Entstanden ist sie 2004 als Planungsabteilung der Högg Produktionstechnik. Nach und nach wurde das Aufgabengebiet grösser und vielfältiger, daher auch der Schritt in die Eigenständigkeit.
Gerade diese Nähe zu einem produzierenden Unternehmen sieht Patrick Gutknecht als Pluspunkt für seine Tätigkeit: «Unser Vorteil ist, dass wir auf ein grosses produktionstechnisches Know-how im eigenen Hause zurückgreifen können.» Wobei der 5-Mann-Betrieb mit einer ganz besonderen Strategie bei den Kunden punkten und sich gleichzeitig von den Wettbewerbern abheben möchte. Das Ziel heisst, so Geschäftsführer Gutknecht, Produkte und Prozesse so einfach wie möglich zu gestalten: «Bestimmendes Element einer Produktion sind die Fertigungskosten. Genau deshalb versuchen wir, die Prozesse so schlank wie möglich zu gestalten, um diese fixen Kosten zu minimieren. Aber immer mit dem Blick auf die vom Kunden geforderten notwendigen Funktionalitäten.»
Dieser Ansatz schlägt sich konsequenterweise mit dem englischen Begriff «simplify» auch im Namen des Unternehmens nieder.
Wie so eine Umsetzung aussehen kann, zeigt die Zusammenarbeit mit der Berlinger Special AG. Das Unternehmen ist ein weltweit führender Anbieter von professio-nellen Doping- und Drogenkontroll-Kits für Blut- und Urinproben. Bei nahezu allen sportlichen Grossveranstaltungen der letzten Jahre, wie Olympische Spiele oder Weltmeisterschaften, wurden und werden die Dopingproben der Sportler in Gefässen von Berlinger transportiert.
Dabei steht die Sicherheit der Proben an oberster Stelle, wie Christian Oertli, Innovations- und Produktmanager bei Berlinger, betont: «Unser weltweit anerkanntes System verfügt über einen patentierten Sicherheitsverschluss. Zudem ist jedes Kit eindeutig über eine Identifikationsnummer bestimmt.» Um die Proben zu entnehmen, muss ausserdem der Kunststoffverschluss der Probenflasche zerstört werden. Das heisst für die Produktion der «Bereg»-Kits: Jedes Gewinde der Probeflasche wird auf Gängigkeit und Verschlusssicherheit hin geprüft.
Bereits seit ein paar Jahren bestand der Kontakt zur Högg Produktionstechnik, die für Berlinger eine Lasermarkierungsmaschine entwickelten und die Test-Kits im Lohnauftrag beschrifteten. Aus historischen Gründen geschahen weitere für die Konfektionierung der Kits wichtige Prozessschritte wie Tamponieren an anderer Stelle.

Fertigung soll in der Schweiz gehalten werden
Aufgrund gestiegener Qualitätsanforderungen sah sich Berlinger gezwungen, diese Schritte zusammenzufassen und zu automatisieren. Denn man wollte ganz bewusst den gesamten Fertigungsprozess in der Schweiz halten. «Das geforderte hohe Qualitätsniveau», sagt dazu Christian Oertli, «können wir eigentlich nur hier garantieren.»
Mit diesem Ansinnen kam er auf simplify engineering zu. Zuerst, so erinnert sich Patrick Gutknecht, war die Anfrage, ob die Gewindeprüfung noch in die Laserbeschriftungsmaschine integrierbar wäre: «Das war machbar. Aber dann beschäftigte uns die Frage: Welche Prozessschritte sind eigentlich sonst noch für den Fertigungsprozess relevant und wie können wir sie in einer Maschine abbilden?»
Getreu dem Motto, Prozesse so zu vereinfachen, dass die Funktionalität des Produkts erhalten bleibt und sich nur die Kosten verschlanken, wurde schliesslich ein völlig geändertes, aber kein völlig neues Maschinenkonzept auf die Beine gestellt: Auf Basis eines Rundtakt-automaten wurden neben dem bereits vorhandenen Laserbeschriften drei weitere Produktionsschritte integriert: Entfetten, Tamponieren und die optische Dimensionskontrolle der Gewinde. Der Fertigungsprozess geschieht – wie vom Kunden gewünscht – vollautomatisch. Das garantiert zudem die Prozesssicherheit.

Wertanalyse als Basis für gelungene Umsetzung
Und wo lagen für simplify engineering die Herausforderungen? Da gab es jede Menge, wie sich Patrick Gutknecht erinnert: «Wir mussten zuerst einmal die verschiedenen Prozesse auf eine Maschine bringen, unter Berücksichtigung der Taktzeit von fünf Sekunden. Dazu gehört, dass der Tampondruck absolut sauber sein muss und trocken weitergetaktet wird.»
Wichtig war auch der Bedienkomfort: Kein kompliziertes Steue-rungsdisplay an der Maschine, sondern einfache Funktionalitäten. «Die Komplexität», sagt Patrick Gutknecht, «spielt sich getreu unserer Philosophie der Vereinfachung im Hintergrund ab. Der Bediener soll davon gar nichts bemerken.»
Basis für eine gelungene Umsetzung ist der genaue Blick auf die Prozesse. Das geschieht bei simplify engineering oftmals über die sogenannte Wertanalyse. Ein gängiges Planungstool, wie Geschäftsführer Gutknecht zugibt, das bei seinem Unternehmen inzwischen durch einen breiten Erfahrungsschatz untermauert ist: «Wir können mittlerweile sehr gut abschätzen, welche Teile im Sinne der Kundenzufriedenheit wichtig und welche im Hinblick auf die Produktionskosten überflüssig sind oder eben vereinfacht werden müssen.»
Daraus entsteht dann eine Win-win-Situation für alle Seiten: Der Kunde ist zufrieden, da er sein Produkt zu wettbewerbsfähigen Preisen in der für ihn wichtigen Produktionsumgebung halten kann. Der Lohnfertiger, in diesem Fall die Högg Produktionstechnik, profitiert ebenfalls, da er den Auftrag nach wie vor betreut.

Das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht

Und Patrick Gutknecht ist glücklich, da er wieder einmal durch Vereinfachung ans Ziel gekommen ist.
Wobei das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht ist: Die Rundtaktmaschine bietet immer noch Platz. Aktuell denkt Christian Oertli viel über Barcodes nach. Die Integration durch Vereinfachung ist dann wiederum die Aufgabe von Patrick Gutknecht.• -Wolfgang Pittrich

Berlinger Special AG
9608 Ganterschwil, Tel. 071 982 88 11
info.special@berlinger.ch

simplify engineering AG
9630 Wattwil, Tel. 071 987 73 50
info@simplify-ag.ch


TR-Meinung
Vereinfachung im Sinne einer wirtschaftlicheren Fertigung ist ein Geschäft, das es in sich hat. Gefragt ist der genaue Blick auf Produkte, Prozesse und Produktionsweisen. Die simplify engineering AG hat sich als Dienstleister darauf spezialisiert. Mit dem Ergebnis, dass nach eigenen Aussagen bis zu 50 Prozent Kosten am fertigen Produkt eingespart werden können – festgemacht an einem konkreten Fall. Gerade in der heutigen Zeit, mit immer engeren Margen, könnte sich daher ein Blick über den eigenen Tellerrand lohnen.
Wolfgang Pittrich, Redaktion TR