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Ein Zulieferer macht die Reinigung zum Geschäft

Seit diesem Sommer betreibt die Cellpack AG in Villmergen in ihrer Geschäftseinheit Cellpack Medical einen Reinraum mit modernster technischer Infrastruktur. Er genügt höchsten Standards. Wichtiger Bestandteil ist eine Ultraschallreinigungsanlage von Elma. Damit hat sich Cellpack neben der Teilefertigung für Medizintechnikkunden ein zusätzliches Standbein geschaffen. Die TR hat nachgefragt, worauf es bei einer solchen Investition zu achten gilt.

Das Thema Teilereinigung ist allgegenwärtig. Jeder Teilefertiger muss seine Produkte vor Ablieferung irgendwie reinigen oder reinigen lassen. Der Haken daran: Wer wie Cellpack Teile für die Medizintechnikbranche herstellt, unterliegt besonders strengen Richtlinien bereits bei deren Herstellung, verliert aber die Kontrolle über den Prozess, sobald das Teil zum Endreinigen und Verpacken extern gegeben wird. Die Prozesskette wird so aufwendiger, die Durchlaufzeiten steigen an.
Diese Gedanken wurden vor eineinhalb Jahren, als man sich bei Cellpack in die Thematik reinkniete, gleich richtig zu Ende gedacht: Da in der Medizintechnikbranche viele Hersteller grossen Respekt vor dem gesamten Prozess Reinigung/Verpackung bekunden, war man überzeugt, dass man diesen als Dienstleistung auch externen Interessenten anbieten könnte. Es wurde beschlossen, eine möglichst vielseitige Reinraumanlage zu erstellen.
Mit ihr ergänzt Cellpack die eigene Wertschöpfungskette, die bisher im Medizintechnikbereich die Herstellung von Kunststoffteilen inklusive deren Finishing umfasste, ganz entscheidend. Ab sofort können die Produkte dem Auftraggeber fixfertig verpackt und auf Wunsch auch steril geliefert werden. Die Qualitätskontrolle behält man dabei in eigenen Händen und der Kunde hat einen einzigen Ansprechpartner für alle Prozesse.
Andreas Binkert, verantwortlich für das Gesamtprojekt bei Cellpack während der Projektphase, definiert die aktuelle Situation auf dem Schweizer Markt so: «Von der Stufe Endspülen an gibt es einige Lohnverpacker. Aber in der Schweiz bieten nur wenige Zulieferer in der Medizintechnik diese Schnittstelle an, in der die Teile vom öltriefenden Zustand bis zum Endspülen gereinigt und keimarm verpackt werden. Natürlich gibt es Lohnreiniger für industrielle Anwendungen, aber diese Branche liegt von den Sauberkeitsanforderungen her nicht auf demselben Niveau.»
Was trivial tönt in der Realität, ist eine Herausforderung mit Fussangeln und Fallstricken. Mit der Beschaffung und Installation der Reinraumanlage ist es bei Weitem nicht getan. Um die gewünschte Vielseitigkeit der Anlage zu erreichen, die innerhalb der Produktionshallen von Cellpack knapp 400 m² belegt, war es nötig, innerhalb des äusseren Reinraumes, der den Anforderungen der Reinraumklasse ISO 8 gemäss ISO 14644-1 genügt und in dem die Ultraschallreinigungsanlage von Elma steht, einen zweiten Reinraum abzugrenzen, der die Klasse ISO 7 erfüllt. Diese erlaubt nur noch ein Zehntel der Partikel der Klasse ISO 8. In diesem Raum werden die endgereinigten Teile falls erforderlich montiert und zum Schluss verpackt und etikettiert.
Darin integriert sind Schleusen zwischen den beiden Räumen für die Produkte und das Personal. Da die verpackten Teile zur Identifikation eine Etikette tragen müssen, muss auch ein Drucker vorhanden sein. Der steht gleich in einem separaten Raum mit Schleuse, da Laserdrucker mit ihren Tonerpatronen ein Verschmutzungsrisiko darstellen. Hinzu kam eine separate Materialschleuse zum Raum der strengeren ISO-Klasse mit einer integrierten Endreinigungswaschmaschine für eine rein wässrige, spritzende Endspülung mit Wasser aus einer komplexen Reinst-Wasseraufbereitungsanlage.
«Wir übernehmen die Teile mit einer definierten Sauberkeit», erklärt Andreas Binkert. «Sie kommen auf die aus neun Modulen bestehende Reinigungsanlage der Firma Elma. Dort durchlaufen sie zur Feinreinigung das Ultraschallbecken, anschliessend bis zu drei Spülbäder und die Trocknungswanne. Dann folgt das Endspülen in der Waschanlage und im Reinraum ISO 7 das keimarme Verpacken in Blister oder Beutel unterscheidlichster Spezifikation. Falls gewünscht, werden die Produkte anschliessend extern sterilisiert.» Für gesicherte Prozesse sei allerdings Bedingung, dass man die Eingangskontrolle und die Festlegung von Spezifikationen sowie deren Einhaltung absolut im Griff habe. Für die Ultraschallanlage wurden Produktfamilien gebildet, Materialklassen mit Oberflächenklassen und dazu Vorprozessklassen definiert. Dann wurden zu reinigende Dummy-Teile unterschiedlichster Komplexität gefertigt. «Diese kombinierten wir mit den grimmigsten Vorprozessen,» erzählt Binkert. «Wir liessen die Polierpaste drauf, badeten sie in Emulsion und Öl, bis wir sie nicht mehr dreckiger hinkriegten. Mit den definierten Reinigungsprozessen zu diesen Teilen versuchten wir dann, die festgelegten Spezifikationen zu erfüllen. Wenn dem Kunden unsere Familienvalidierung als Leistungsausweis reicht, spart er Geld und Zeit in der Produkteinführung. Wenn nicht, werden die Teile nach seinen Vorstellungen gereinigt, validiert und zur Überprüfung ins Labor gegeben.
In der Projekt- und Umsetzungsphase hat man die Prozesse erst intern bei Dummies angewandt. Denn, so Andreas Binkert: «Man kann keine Aufträge generieren, bevor die Maschinen qualifiziert und die Prozesse validiert sind. Dazu muss die gesamte Anlage erst einmal fertig installiert und startbereit sein. Bevor das erledigt ist, geschieht kommerziell gar nichts.» Im letzten Schritt muss die Anlage auch noch das Audit für das Zertifikat ISO 13485 für Managementstandards in der Medizintechnik bestehen. Binkert dazu: «Das ist die Grundvoraussetzung, um überhaupt Aufträge zu erhalten und am Markt teilnehmen zu können. Die Vorleistungen sind enorm, in finanzieller wie in personeller Hinsicht.»
Ein Teil der Investition ging in die Ultraschallreinigungsanlage von Elma, die über die Walter Meier AG beschafft wurde. Der Entscheid für diesen Anbieter war früh gefallen. «Von den drei Anbietern, die eine Offerte ausarbeiteten, wies Walter Meier mit Elma das beste Kosten/Nutzen-Verhältnis auf,» erklärt der Projektleiter. «Wir sind damit bisher sehr zufrieden. Nur wenn man versuchsweise an die Limiten der Maschine ging, funktionierten manchmal das Timing und die Abstimmung der Vorgänge nicht mehr optimal. Das ist der Modularität und der Vielseitigkeit der Anlage geschuldet, die eine relativ komplexe Steuerung aufweist. Da stiessen wir an Grenzen und mussten die Steuerung anpassen. Wenn wir uns mit solchen Problemen an Walter Meier oder den Hersteller wandten, klappte der Service immer hervorragend. Der Techniker erledigte per Fernzugriff alles in kürzester Zeit. Die Kommunikation klappte perfekt.»
Die Ultraschallanlage funktioniert heute ohne jegliche Fehlermeldung. Binkert würde nachträglich noch die zeitintensive Teiletrocknung mit einem zweiten Trocknungsbecken aufrüsten. Immerhin hat man schon in der Projektphase den Flaschenhals erkannt und einen Leerraum als Reserve in der Anlage vorgesehen. «Sobald wir im Zweischichtbetrieb nicht mehr durchkommen, gibt es den zweiten Trockner. Dann ist die Anlage doppelt so schnell. Die Kosten sind relativ gering. Und die Bäder würde ich mit Deckeln ordern, da sie offen über Nacht etwas viel Wärme abgeben, aber das kann problemlos nachgerüstet werden.»
Danach gefragt, was er Unternehmen raten würde, die sich eine vergleichbare Investition überlegen, meint er: «Man muss zuerst die Kundenbedürfnisse, die relevanten Normen, Richtlinien und gesetzlichen Bestimmungen kennen sowie im Vorfeld unbedingt mit möglichst vielen Anbietern reden, damit man die Anforderungen abgestimmt auf die am Markt verfügbaren Systeme genau definieren kann. Bei den Anlagen muss beides stimmen, Hardware und Servicekompetenz. Auch Messen und Ausstellungen wie die CleanDays und die parts2clean sind sehr nützlich.» Und der wichtigste Tipp von
Andreas Binkert: «Unterschätzen Sie die Aufgabe nicht, sie verlangt Respekt, denn die Thematik enthält äusserst sensible Bereiche! Eine solche Anlage anzuschaffen und zu rentabilisieren, braucht einen langen Atem, viel Know-how und die richtigen Fachleute. Es ist machbar, aber keinesfalls in einer Hauruckübung. Das Wissen muss sukzessive erarbeitet werden.» • - Markus Schmid

Cellpack AG Medical
5612 Villmergen, Tel. 056 618 12 14
medical@cellpack.com
http://medical.cellpack.com

Elma:
Walter Meier (Fertigungslösungen) AG
8603 Schwerzenbach, Tel. 044 806 46 46
www.waltermeier.com


Cellpack
Cellpack AG ist ein Unternehmen der Behr Bicher Cellpack BBC Group mit Hauptsitz in Villmergen. Sie erwirtschaftet einen Umsatz von zirka CHF 300 Mio. und bietet rund 1200 Vollzeitstellen an, etwa 70 davon für Lernende. Im Bereich Cellpack Medical werden unter anderem Implantate, Inlays, Manipulierteile, Kassetten und Instrumente verschiedenster Art hergestellt sowie neu die in diesem Artikel beschriebenen Reinigungs- und Reinraumtätigkeiten erbracht.
Die modular nach Bedarf aufgebaute Bäderstrasse der Elma.Reinraum ISO 7: im Zentrum die Verpackungsanlage mit Montagetisch, hinten Materialschleusen, links die Waschmaschine, rechts die Etikettenschleuse.