chevron_left
chevron_right

Sicher ist sicher

Es ist kein ganz einfaches Thema: Maschinensicherheit. Jedenfalls wollte/konnte sich ein beträchtlicher Teil der dazu befragten Maschinenhersteller und -händler nicht konkret äussern. Zwar sind Schweizer Werkzeugmaschinen grundsätzlich sicher, doch Restrisiken – etwa aufgrund von Manipulation – bleiben. Diese gilt es zu minimieren, was oft nicht leicht ist.

Werkzeugmaschinen, die dem heutigen Stand der Technik entsprechen, sind sicher – im Allgemeinen. Ihr Gefährdungspotenzial wird von Herstellerseite seit jeher durch erhebliche technische Anstrengungen reduziert. Schon aus Haftungsgründen sind die Hersteller um Einhaltung gängiger Sicherheitsvorschriften und Normen bemüht und betreiben grossen Aufwand, um normkonforme Sicherheitsstandards zu erreichen. Die Unfallzahlen jedenfalls sind seit Jahren rückläufig. Dies zeigt, dass die Massnahmen greifen. Doch Restrisiken bleiben. Diese gilt es zu minimieren.
Die Risikobeurteilung ist ein zentrales Element der Konformitätsbewertung zur CE-Kennzeichnung von Maschinen. Technische Sicherheitsmassnahmen, die unabhängig vom Verhalten des Maschinenbedieners wirken, haben Vorrang vor Sicherheitshinweisen. Aktuelle Entwicklungen fördern den Einsatz berührungslos wirkender Schutzeinrichtungen anstelle trennend wirkender Schutzeinrichtungen. Anzumerken ist, dass die Maschinenhersteller laut geltender Maschinenrichtlinie auch verpflichtet sind, Massnahmen gegen die Manipulation von Schutzeinrichtungen zu ergreifen – ein wesentlicher Teil der schweren Unfälle ist auf vorsätzliche Manipulation zurückzuführen.

Gültige Spielregeln sind einzuhalten
Dass Lösungen für die Maschinensicherheit überdies auch der Wirtschaftlichkeit dienen, liegt auf der Hand: Sie steigern die Gesamtanlageneffektivität (GAE), indem sie die Fälle ausserplanmässigen Abfahrens reduzieren und so die Betriebszeit optimieren.
Zur Umsetzung neuer Konzepte spielen Elemente der funktionalen Sicherheit eine entscheidende Rolle. Insbesondere mechanische Funktionsmodule in der Sicherheitskette stellen eine Herausforderung hinsichtlich der Ermittlung der Ausfallwahrscheinlichkeit dar. Die Einbeziehung der Betriebsbewährtheit erhält eine hohe Bedeutung. Dabei besteht ein Spannungsfeld zwischen erfahrungsbasierter Konstruktion und mittlerweile geforderten rechnerischen Nachweisen: Die weltweit gültige sicherheitsspezifische Norm EN ISO 13849 fordert, dass mit – aufwendigen – statistischen Berechnungen belegt wird, dass die angewandten Massnahmen wirken.
In Expertenkreisen werden seit Langem spezifische Normen für die Sicherheit einzelner Maschinengruppen erarbeitet. Dies ist erforderlich, um die teilweise höchst unterschiedlichen Anforderungen, beispielsweise hinsichtlich zerspanenden und umformenden Maschinen, zu erfüllen.
Entscheidend ist eine möglichst genaue Kenntnis der erforderlichen Sicherheitsfunktionen sowie der dafür geforderten Zuverlässigkeit. Sicherheitsnormen sind nicht zuletzt eine Handreichung für den in der Praxis tätigen Konstrukteur. Sie sollen ihm helfen, Risiken systematisch zu analysieren, Gefährdungen einzuschätzen und Restrisiken weitestgehend zu vermeiden.
Bei allen diesbezüglichen Fortschritten gibt allerdings der Blick auf den Weltmarkt zu denken: Nicht überall werden die geforderten Sicherheitsstandards gleichermassen umgesetzt. Zu dünne und nicht verriegelte Schutzumhausungen oder mangelnde funktionale Sicherheit von Steuerung sind nur zwei Beispiele. Dies könnte einen Wettbewerbsnachteil für Schweizer Werkzeugmaschinenhersteller bedeuten. Daher ist darauf zu achten, dass die international gültigen Spielregeln auch eingehalten werden. Zudem dürfen immer neue Regulierungsansätze die Wettbewerbsfähigkeit Schweizer Hersteller nicht gefährden. Eine Maschine, die in der Schweiz als sicher anerkannt ist, ist auch im Rest der Welt sicher. Ob diese vergleichsweise teure Technik dort einen Markt hat, ist eine andere Sache.
Sowohl die Hersteller als auch deren Kunden messen dem Thema Maschinensicherheit eine hohe, ja sehr hohe Bedeutung bei (siehe Umfrage auf Seite 54 f.). Allerdings stellen die Komplexität der Thematik und die aufwendige Umsetzung die Unternehmen immer wieder vor neue Herausforderungen. Spezialwissen und beträchtliche Investitionen sind erforderlich, um diese zu meistern – und dies möglichst bereits von der Konzeption der Maschinen an.
- Bernhard Reichenbach
 

Norm EN ISO 13849
Die Norm EN ISO 13849 ist eine sicherheitsspezifische Norm, die sich mit Gestaltungsleitsätzen zu sicherheitsbezogenen Teilen von Steuerungen beschäftigt. Teil 1 definiert allgemeine Gestaltungsleitsätze, Teil 2 beschreibt die Validierung. Die Norm gilt für alle Arten von Maschinen, unabhängig von der eingesetzten Technik (etwa elektrisch, hydraulisch, mechanisch). Sie kann angewendet werden für nicht trennende Schutzeinrichtungen wie Verriegelungen, berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen wie Lichtschranken, Steuerungsbaugruppen und Leistungsschaltelemente wie Relais. Sie gilt sowohl für einfache Maschinen als auch für komplexe Fertigungsanlagen.
     

Trendumfrage: Siehe PDF