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Zerspanungswissen von Experten für Experten

Das Zerspanungsseminar der Swissmem-Fachgruppe «Präzisionswerkzeuge» lässt alle zwei Jahre die Creme der Schweizerischen Präzisionswerkzeugszene zu Wort kommen. In diesem Jahr stand das Thema Effizienz und Produktivitätssteigerung ganz oben auf der Agenda. Die Technische Rundschau war vor Ort und hat ein paar Vorträgen intensiver gelauscht.

 

Drei Veranstaltungsorte, 16 Referenten, knapp 400 Teilnehmer, rund ein Dutzend Firmen, die sich in der begleitenden Ausstellung präsentieren: Stolze Zahlen, die von der Bedeutung des Swissmem-Zerspanungsseminars für die Schweizer MEM-Industrie künden. In diesem Jahr erlebte die Veranstaltung ihre 12. Aufführung innerhalb von 24 Jahren. Die Tagungsorte waren mit Pfäffikon (17. Januar), Olten (18. Januar) und Yverdon (19. Januar) strategisch gut über die Schweiz verteilt.

 

Bei der Auswahl der Referate lies- sen die Organisatoren der Veranstaltung, Pascal Streiff (Ressortleiter Swissmem-Fachgruppe Präzisionswerkzeuge) und René Näf (Urma AG), dem breiten Spektrum der Schweizer Präzisionswerkzeugeindustrie genügend Raum, fokussierten gleichzeitig auf die wichtigen Themen Effizienz und Produktivitätssteigerung (siehe Kasten «Interview»).

 

Aber auch aktuelle Trendthemen wie Industrie 4.0 und die additive Fertigung fanden ihren Platz in der Agenda. So beleuchtete Stefan Senn von der Fraisa AG in seinem Vortrag die Bedeutung von Industrie 4.0 für interne und externe Produktionsschritte am Beispiel des Hochleistungsfräsersystems «MB-NVDS». Wobei er Multifunktionalität als Schlüsselfaktor für die extreme Vereinfachung des gesamten Fertigungsprozesses ausmachte: «Das multifunktionale Hochleistungsfräsen (MFC) ist die Bearbeitungslösung für die Industrie 4.0.»

 

Dank dieses Ansatzes, umgesetzt beim MB-NVDS-Fräsersystem, und dem ergänzend dazu ablaufenden Know-how-Transfer via «ToolExpert»-System und CAM-Unterstützung durch Fraisa, lässt sich die Variantenvielfalt der Werkzeuge beim Anwender deutlich reduzieren.

 

Die effiziente Zerspanung von tückischen Hochleistungswerkstoffen wie rostfreie Stähle, Titan und Superlegierungen im Blick hatte Alberto Giotti von der Mikron Tool SA. Sein Ausgangsstatement lautete: «Viele der heute verfügbaren Fräser eigenen sich nur bedingt für die Bearbeitung dieser schwerzerspanbaren Werkstoffe.» Denn: Die oftmals praktizierte Aussenkühlung der Schneide führt zu schlechten Oberflächenqualitäten mit starker Gratbildung.

 

Die Lösung für dieses Problem heisst «CrazyMill cool». Mit diesen Hochleistungsfräseren im Durchmesserbereich von 0,3 bis 6,0 mm bietet Mikron Tool eine attraktive, weil funktionierende Alternative. Der Grund laut Alberto Giotti: «Eine konstante und massive Kühlung der Schneiden durch den Werkzeugschaft ermöglicht höchste Schnittgeschwindigkeiten und eine maximale Spantiefe. Dadurch werden höchste Oberflächenqualitäten erreicht.»

 

Wenn es um Reiben und vor allem Hochleistungsreiben geht, ist die Urma AG mit ihrem «CircoTec-RX»-System erste Wahl. Urma-Mitarbeiter Alexander Nussbaumer stellte in seinem Vortrag vor allem die Nebenzeiten-reduzierenden Aspekte durch den modularen Ansatz in den Vordergrund. Basis dafür ist ein Schnellwechselsystem mit einer Wechselpräzision kleiner gleich 5 µm.

 

Der Blick auf ein Praxisbeispiel verdeutlichte das grosse Einsparpotenzial des modularen Reibsystems. So konnte ein Kunde durch dessen Einsatz 33 Prozent seiner Produktionskosten einsparen, gleichzeitig die Standzeiten um 78 Prozent erhöhen und die Prozesssicherheit deutlich steigern. Aber der Bearbeitungsfall muss zum Werkzeug passen, wie Alexander Nussbaumer fairerweise zugibt: «CircoTec RX small kann eine wirtschaftliche Alternative sein, hat aber auch seine Grenzen.»

 

Wie wichtig das Thema Kühlung und Schmierung, sprich: Kühlschmiermittel (KSS), im Kontext der Hochleistungszerspanung ist, dürfte hinlänglich bekannt sein. Unter anderem auch durch die rührige Arbeit der KSS-Spezialisten von Blaser Swisslube. Weniger bekannt ist, dass sich die Blaser-Profis auch um den immer noch exotischen Bereich der Minimalmengenschmierung (MMS) kümmern.

 

Minimalmengenschmierung sei durchaus für Lohnfertiger geeignet, so die Ausführungen von Nicolas Jochum von Blaser Swisslube, da sie den Vorteil habe, ein breites Anwendungsspektrum abzudecken. Für die Stahl- und Alu-Bearbeitung, so seine Feststellung, reiche MMS oftmals aus; bei Titan dagegen könnte es kritisch werden.

 

Ein weiterer wichtiger Punkt, den es beim Einsatz von MMS zu bedenken gibt, ist laut Jochum dem Spänetransport geschuldet: «Bei der Minimalmengenschmierung können Spülen und Kühlen nur minimal realisiert werden. Die Abfuhr der heissen Späne muss maschinenseitig gelöst werden.» Und: Ein KSS-Werkzeug ist ganz anders konzipiert als ein MMS-Werkzeug. Folge: Die Entscheidung für MMS ist immer auch eine strategische Entscheidung für ein völlig anderes Werkzeugkonzept.

 

Den Schluss der Veranstaltungen bildete jeweils eine rhetorische Exkursion in die Gefilde der additiven Fertigungslandschaft. So entführte in Olten Patrik Hoffmann von der Empa mit der ihm eigenen Eloquenz in die Welt des 3D-Printings und zog dabei ein recht nüchternes Fazit: Noch gäbe es viele Herausforderungen zu lösen, um die 3D-Printing-Verfahren serien- und damit industrietauglich zu machen. Vor allem beim Pulvermanagement und generell bei der Frage der Qualität sei man noch weit weg von einem State-of-the-art-Prozess.

 

Für manche Anwesenden bildeten Hoffmanns Aufzählungen ein gelungenes Ende der Veranstaltung. Denn der potenzielle Wettbewerb durch die schichtaufbauenden Verfahren scheint für die schichtabtragende Zunft doch nicht so drohend wie bisher angenommen.

 

Swissmem

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