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VDW-Studie: Keine Revolution durch Metall-3D-Printing

Eine Studie des deutschen VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken) kommt zum Schluss: Additive Manufacturing (3D-Printing) im Metallbereich stellt keine Gefahr für etablierte metallbearbeitende Fertigungsverfahren dar. Die Substitutionsquote beträgt nur ein Prozent. Eine Revolution in der Metallbearbeitung bleibt also - zumindest in den nächsten fünf bis sieben Jahren - aus.

„Additive Manufacturing (AM) ergänzt die Fertigungsverfahren in der Metallbearbeitung. Eine grossflächige Verdrängung bestehender Bearbeitungsverfahren oder die vielzitierte  Revolution  in der industriellen  Grossserienproduktion bleibt erst einmal aus“, sagte Myron Graw, Partner bei der KEX Knowledge Exchange AG in Aachen anlässlich der METAV-Eröffnungspressekonferenz in Düsseldorf. Er ist verantwortlich für das Geschäftsfeld AM und damit für die Untersuchung „Additive Manufacturing - Potenziale und Risiken aus dem Blickwinkel der deutschen Werkzeugmaschinenindustrie“, die der VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken) in Auftrag gegeben hat.

„Generative Verfahren oder Additive Manufacturing sind mit hohen Erwartungen verbunden“, weiss Wilfried Schäfer, Geschäftsführer beim METAV-Veranstalter VDW. „Insbesondere die Vision komplett neuer Wertschöpfungsketten bis hin zur individuellen Produktion von Teilen oder Ersatzteilen vor Ort stossen auf großes Interesse“, erläutert er. Grund genug für den VDW, wissenschaftlich untersuchen zu lassen, was aus Sicht der Werkzeugmaschinenindustrie tatsächlich dahinter steckt. Die KEX AG hat unter Beteiligung der Fraunhofer-Institute für Produktionstechnologie (IPT) und Lasertechnik (ILT) die Untersuchung mit Schwerpunkt auf der metallischen Fertigung in fünf Stufen durchgeführt:

1. Marktanalyse für die Entwicklung  additiver Verfahren, 2. Metaanalyse bereits bestehender Studien und Bestandsaufnahme der Situation bei Patentanmeldungen und in der Forschung anhand wissenschaftlicher Veröffentlichungen, 3. Bestandsaufnahme der verfügbaren additiven Verfahren für den Metallbereich, 4. Case Studies, die anhand ausgewählter Bauteile die Anforderungen und Möglichkeiten der additiven Fertigung untersuchen, 5. Prognose zur Entwicklung der Technologien in den kommenden fünf bis sieben Jahren.

Das wichtigste Ergebnis: Ausgehend von 40 Prozent Zuwachs pro Jahr für die additiven Verfahren wird weniger als ein Prozent der bestehenden Technologien durch additive Verfahren ersetzt. „Insgesamt lassen sich also nur leichte Verschiebungen im künftigen Produktionsmix der Werkzeugmaschinenindustrie ableiten“, resümiert Graw. Das dürfte demnach kaum zu einer radikalen Veränderung der Branche führen.

Hemmnisse für eine größere Marktdurchdringung bestehen in den Kosten und der Bearbeitungszeit. In der Kleinserienfertigung sowie der Fertigung von komplexen  individualisierten und kleinen  Bauteilen können Kostenvorteile additiver Verfahren in der werkzeuglosen Fertigung liegen. Ein besonderer Nutzen entsteht außerdem, wenn erhebliche „added values“ durch die additive Fertigung generiert werden können, wie  beispielsweise Leichtbaustrukturen in der Flugzeugindustrie, interne Kühlkanäle und Hinterschnitte. Damit können ggf. auch in der Mittel- und Großserienfertigung Kostennachteile aufgehoben werden.

Bei der Fertigung grosser Bauteile haben additive Verfahren oft Kostennachteile. Sie resultieren unter anderem. aus den vergleichsweise geringen Aufbauraten. Daneben fallen die teuren Anlagen und die hohen Materialpreise für Metallpulver ins Gewicht. „Diese Kostentreiber werden sich in den kommenden Jahren durch technologische Entwicklungen und den Aufbau von Kapazitäten verändern“, räumt Graw ein. Dies werde die Verbreitung von AM beschleunigen. 

Spannend bleibt die Entwicklung von hybriden Anlagen. Sie integrieren Funktionalität für additive Fertigung, beispielsweise Laserauftragsschweissen,  in konventionelle Maschinenkonzepte, beispielsweise Bearbeitungszentren. Hierdurch ergibt sich das Potenzial, während des Aufbauprozesses immer wieder gezielte Bearbeitungsaufgaben durchzuführen. „Um die Möglichkeiten effizient nutzen zu können, müssen die Teile jedoch völlig umkonstruiert werden. Dies gilt auch für die rein additiven Verfahren“, erläutert der KEX-Forscher. Außerdem müssten neue Ansätze in der Fertigungsplanung etabliert werden.

Daraus ergibt sich eine weitere offene Frage: die Integrationsfähigkeit von AM-Anlagen in das klassische Produktionsumfeld. Viele Arbeitsabläufe erfolgen heute noch manuell. Für die effiziente Nutzung von AM sind Fragen zur automatisierten Pulverzufuhr, zum Pulverhandling, der Pulverentfernung, Staubbelastung der Umgebung beim „Auspacken“ der Teile, automatisierte Prozessketten für die Entfernung von Stützstrukturen und viele mehr zu beantworten.

Weitere Defizite der additiven Fertigung sind die immer noch eingeschränkte Werkstoffauswahl, die für additive Anlagen qualifiziert sind. Ausserdem muss  die Qualität additiv hergestellter Bauteile zerstörungsfrei geprüft werden. Da es sich bei den Teilen immer mehr oder weniger um Einzelstücke handelt, muss ihre fehlerfreie Reproduzierbarkeit erst noch nachgewiesen werden.

„Wir stellen fest, dass sich Additive Manufacturing im Metallbereich als weitere Fertigungstechnologie in die bestehende Wertschöpfungskette der Metallbearbeitung integriert“, resümiert VDW-Geschäftsführer Schäfer. AM werde somit ein weiterer Baustein neben CAD, Simulation, Nachbearbeitung, Fertigungsmesstechnik und Qualitätssicherung. Besonders wichtig wird sie auch für die Werkzeugmaschinenindustrie selbst, wenn Bauteile durch additive Verfahren mit Mehrwert ausgestattet werden können, sich beispielsweise die Lebensdauer verlängert.

www.vdw.de