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Robby steht auf Genauigkeit

Eine 20 m lange und 6,5 m breite Schweissanlage errichtet im Normalfall der Anlagenbauer. Nicht so bei Stadler Rail. Der Zugbauer hat in Bussnang für seine Wagenkastenfertigung auf das eigene Know-how in der Schweisstechnik gesetzt und zusammen mit langjährigen Partnern wie Fanuc die Anlage realisiert.

 

Seit 75 Jahren baut Stadler Züge. Der Systemanbieter von Lösungen im Schienenfahrzeugbau hat seinen Sitz im ostschweizerischen Bussnang und beschäftigt an allen Standorten zusammen über 7000 Mitarbeitende. Der Bestseller «Flirt» (Flinker Leichter Intercity- und Regional-Triebzug) hat sich über 1400 Mal in 17 Ländern verkauft. Neuster Coup ist der Niederflurhochgeschwindigkeitszug «Giruno». Er ging im vergangenen Mai nach nur zweieinhalb Jahren Entwicklungs- und Bauzeit erstmals auf Fahrt.

 

Um zusätzliche Kapazitäten zu schaffen und die Qualität auf hohem Niveau halten zu können, hat Stadler eine neue Schweissanlage für Rohwagenkästen in Betrieb genommen.Bemerkenswert ist, dass die Anlage von Stadler selbst realisiert wurde. Eigener Betriebsmittelbau in dieser Grössenordnung? Frühzeitig habe man sich mit Anlagenbauern unterhalten, aber schnell festgestellt, dass sich die eigenen Vorstellungen mit Externen gar nicht hätten realisieren lassen, heisst es bei Stadler. Beispiele für konkrete Hindernisse gefällig? Auf der grünen Wiese kann jeder bauen, in einem bestehenden, historisch gewachsenen Gebäudekomplex wie bei Stadler verlangt dies genaue Kenntnis der einzelnen Abläufe. Zudem sollte aus wirtschaftlichen Gründen im laufenden Betrieb gebaut und die neue Anlage in die Produktion integriert werden. Know-how in Sachen Schweisstechnik hat Stadler reichlich, sodass das prozesstechnische Konzept ohnehin vorhanden ist. Der Aufbau erfolgte überwiegend in Eigenregie. Für die einzelnen Fachbereiche holte man sich externes Know-how, etwa bei Fanuc in Sachen Roboter.

 

Als Ausgangsmaterial für die Wagenkästen dienen Aluminiumprofile, die nach Vorgaben von Stadler stranggegossen werden. Vorgefertigte Baugruppen werden mittels Hallenkran in der Schweissanlage platziert, anschliessend ausgerichtet, geheftet und ausgeschweisst. Mit Offline-Programmen wird das Schweissen vorbereitet, das Programm-Feintuning erfolgt vor Ort. Mehrlagige Nähte werden nicht zuletzt aus Qualitätsgründen automatisiert geschweisst. Die reine Lichtbogenbrenndauer ist abhängig vom Typ des Wagenkastens und liegt zwischen vier und sechs Stunden. Da es für den Robotereinsatz mechanische Grenzen gibt, bleiben Schweissaufgaben übrig, die manuell erledigt werden; teilweise geben auch ökonomische Kriterien den Ausschlag. Wie in jeder Fertigung unterliegen Profile, die automatisch geschweisst werden, hohen Anforderungen hinsichtlich Fertigungstoleranzen. Arbeitsvorbereitung und Qualitätssicherung kümmern sich deshalb intensiv um diesen Aspekt.

 

So gehörte es für das Projektteam in der Planungsphase dazu, einzelne Arbeitsschritte in der Fertigung der Unterbaugruppen unter die Lupe zu nehmen, immer auf der Suche nach Optimierungspotenzial und Punkten, die den automatisierten Ablauf beeinflussen. Solange man händisch schweisste, liess sich geringere Präzision in der Vorfertigung leichter ausgleichen. Jetzt, in der Roboterfertigung, sei es viel einfacher, wenn genaue Bauteile angeliefert werden, heisst es bei Stadler. Denn: Der Roboter mag es genau.

 

Im Werk Bussnang hat man seit 2005 Erfahrung mit Robotertechnik. Seither haben sich vor allem zwei technische Bereiche verändert: die Software und die Kommunikation der Komponenten via Profinet. Dank des digitalen Kommunikationsprotokolls sind viel weniger Kabel zu verlegen und Änderungen viel einfacher zu bewerkstelligen, denn bei zusätzlichen Sensoren und Signalen muss lediglich das Protokoll angepasst werden.

 

Bereits die Auswahl des ersten Roboters 2005 fiel – nach langwierigen Prozess – zugunsten von Fanuc aus. Den Ausschlag gaben hauptsächlich die kompakte Bauweise und die vielfältigen Möglichkeiten im Optionspaket der «Arcwelding»-Software. Eingesetzt werden Fanuc-Roboter von der Stange vom Typ «LR Mate 200 iC» und «Arc Mate 120 iC» mit verschiedenen Softwareoptionen. In der neuen Anlage arbeiten zwei Arc Mate 120 iC, je einer rechts und links in der Anlage. Sie sind auf Podesten montiert, die auf Verfahrschienen sitzen. Damit ist die Zugänglichkeit über die gesamte Wagenkastenlänge gegeben. Alle Fahrwerke und Verfahrachsen werden mit hochgenauen Zahnstangen und von Fanuc-Servomotoren angetrieben, die sich einfach als Achsen in die Robotersteuerung integrieren lassen.

 

Für die Qualitätssicherung nutzt man eine in der Schweissstromquelle von Cloos integrierte Software zur Überwachung des Prozesses. Zum anderen positioniert eine Laserkamera den Brenner immer genau in der Schweissfuge, sodass die Zielwerte mit sehr geringer Toleranz erreicht werden. Die Auswahl des gesamten Equipments folgt dem einfachen Prinzip: Gut ist, was bewährt ist.

 

Ausgelegt ist die Anlage für alle Rohwagenkästen, die Stadler fertigt. Sie wird, davon ist man bei Stadler überzeugt, auch in den kommenden Jahren den kompletten Bedarf abdecken, denn das sogenannte Lichtraumprofil von Wagenkästen ist durch europäische Standards vorgegeben. Maximal deckt die Anlage auch das grössere Lichtraumprofil aus GUS-Staaten ab. In der 3D-Simulation wurden während der Planung unterschiedliche Tram-, Bahn- und U-Bahn-Waggons abgebildet und die Anlage entsprechend ausgelegt. (msc)

 

Stadler Bussnang AG

9565 Bussnang, Tel. 71 626 20 20

stadler.rail@stadlerrail.com

 

Fanuc Switzerland GmbH

2504 Biel, Tel. 032 366 63 63

info@fanuc.ch