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«Trend geht eindeutig zur Digitalisierung»

Die SMC Schweiz AG gilt als ein führender Pneumatik- und Automatisierungsanbieter in der Schweiz. Aufsehen erregte das Unternehmen im vorigen Jahr unter anderem durch die Weltpremiere des Industrie-4.0-Trainingssystems «Sif 400» in Neuenburg. In diesem Jahr übernimmt SMC die Sponsorenschaft des schweizweit einmaligen Wettbewerbs «Grand Prix Automatiker». TR-Chefredaktor Wolfgang Pittrich sprach mit Alessandro Grizzetti, Leiter Business Development bei SMC, über Digitalisierung, Schweizer Besonderheiten und – natürlich – den Grand Prix Automatiker.

 

Herr Grizzetti, ich freue mich, dass die «Technische Rundschau» für ihren Wettbewerb Grand Prix Automatiker die SMC Schweiz AG als Hauptsponsor gewinnen konnte. Was hat Sie bewogen, bei diesem Branchenevent mitzumachen?

 

Wir betrachten unser Engagement unter dem Aspekt der Förderung von Talent und Know-how. Dies ist unerlässlich für die Umsetzung von Industrie-4.0-Visionen und die daraus resultierenden Produktivitätssteigerungen für die Schweizer Industrie. Denn: Um global wettbewerbsfähig zu bleiben, ist der Industriestandort Schweiz abhängig von Fachkräften, welche Innovation und Entwicklung dank höchstem technischem Know-how vorantreiben können. Dies ist nur möglich durch entsprechende Bildung, die von hochqualitativen Trainingssystemen unterstützt wird.

 

Welche Erwartungshaltung hat SMC an die Veranstaltung?

 

Wir sind überzeugt, dass der Grand Prix Automatiker das ideale Schaufenster ist, um SMC als idealen Partner auch im Bereich Trainingssysteme vorzustellen. Wir erwarten ausserdem einen spannenden Wettbewerb und den Austausch mit Automatikprofis als Anwender unserer Produkte und Systeme. Daraus gewinnen wir wieder wertvolle Rückmeldungen für künftige Produktentwicklungen.

 

Wird SMC in der nächsten Zukunft im Bereich Trainingssysteme deutlicher Flagge zeigen?

 

Wir konnten deutliche Signale ins Stammhaus nach Japan senden, welch hohen Stellenwert eine fundierte Ausbildung in der Schweiz hat. Auf Basis dieser Überlegung kamen wir zum Schluss, dass es eigentlich nicht sein kann, dass wir in der Schweiz Marktleader sind, aber im Worst Case die Auszubildenden erst im späteren Berufsleben mit unseren Systemen und Produkten in Berührung kommen.

 

Gehört zu diesem Ausbildungsengagement auch das Industrie-4.0-Trainingssystem Sif 400, das im vorigen Jahr am Centre professionnel du Littoral neuchâtelois in Neuchâtel nicht nur seine Schweiz-, sondern auch die Weltpremiere erlebte?

 

Es war sicherlich kein Zufall, dass wir das CPLN für die Weltpremiere unserer «Smart Innovation Factory» ausgewählt haben. Die Verantwortlichen dort wollten in Zusammenarbeit mit SMC ein modernes Trainingssystem entwickeln, um Studierende und Auszubildende auf die zukünftigen digitalen Herausforderungen optimal vorbereiten zu können. Dazu gehört auch, dass sowohl Automatiker wie auch Informatiker oder Kaufleute mit und an dem System arbeiten können und sollen. So ist das Sif 400 entstanden, mit 13 Modulen, wo sozusagen vom ersten Gedanken bis hin zur Warenauslieferung und dem Recycling des Produktes eine durchgängige Prozesskette abgebildet und simuliert werden kann.

 

Der Fokus liegt aber auf der Digitalisierung der Prozesse?

 

Stimmt. Wir wollten mit diesem Trainingssystem verdeutlichen, dass es nichts nutzt, wenn nur Teilaspekte, beispielsweise der Produktionsprozess, digitalisiert sind, aber die Kundenaufträge immer noch per Fax eintreffen. Wir nutzen deshalb das OPC-UA-Protokoll für die Kommunikation der Module untereinander, um dadurch nicht nur eine Datendurchgängigkeit zu bekommen, sondern auch die Prozesse in der Cloud abbilden zu können. Mit diesem digitalen Zwilling bekommen wir ja erst die Möglichkeit, einen Kundenauftrag in Losgrösse 1 zu simulieren und dann auch zu produzieren. Wir haben es bei diesem Trainingssystem wirklich mit einer Smartfactory zu tun.

 

Kommen eigentlich alle Komponenten der Sif 400 von SMC?

 

Nein. Wir sind hier offen für weitere Anbieter. Beispielsweise wird die Steuerung der aktuellen Anlage von B&R geliefert, aber auch andere Hersteller sind denkbar. Nur beim Thema Pneumatik und elektrische Antriebe denken wir ein wenig konservativ (lacht): Diese Komponenten kommen alle von SMC.

 

Werfen wir einen generellen Blick auf das Thema Digitalisierung/Industrie 4.0: Wo sehen Sie die Schweiz aktuell positioniert?

 

Ich denke, wir sind über eine erste Anfangsphase bereits hinaus und befinden uns, wenn man es so ausdrücken möchte, in einer konkreteren Testphase. Der Trend geht eindeutig in Richtung Digitalisierung. Und auch wir werden weitere Anstrengungen unternehmen, uns weiter in diese Richtung zu bewegen.

 

An welche Stossrichtung denken Sie dabei?

 

Ein ganz wichtiger und bereits auch von den Unternehmen nachgefragter digitaler Baustein betrifft «Predictive Maintenance», also die vorausschauende Instandhaltung. Der Schlüsselgedanke dabei ist, dass die in einer Anlage verbauten Komponenten von sich aus «mitteilen», ob sie bald einen Defekt haben werden. Dazu braucht es zweierlei. Erstens: Diese Bauteile müssen kommunizieren können. Sie brauchen eine serielle Schnittstelle. Zweitens: Die Bauteile müssen visualisieren können. Sie brauchen eine integrierte Überwachung. Damit dieser Gedanke sich auch betriebswirtschaftlich lohnt, darf eine solche Technologie den Maschinenpreis nicht erhöhen.

 

Gibt es dazu bereits konkrete Produkte?

 

SMC bietet eine schnelle IO-Link-Schnittstelle vom Typ «EX260» an, mit einer Übertragungsrate von 230 kBit pro Sekunde. Neben der seriellen Datenübertragung ist eine integrierte Überwachung eingebaut. Für jede Ventilspule gibt es einen Schaltzyklenzähler, der sich über IO-Link auslesen lässt. Das ermöglicht die Beurteilung, ob die Lebenserwartung der einzelnen Ventile bald erreicht ist. Diese digitale Funktion ist serienmässig und somit ohne Mehrkosten für den Anwender zu beziehen. Ein fast noch besseres Beispiel ist der Feldbusknoten «EX600 » ...

 

Um was geht es da?

 

Mit dieser modulare Ventilinsel stehen dem Anwender völlig neue Türen offen. Sie koppelt die Ventilinseltechnik von SMC mit bis zu 36 IO-Link-Geräten und sonstigen Sensoren oder Aktoren an das Profinet. Das Besondere ist, dass die EX600-Serie gleichzeitig die Sprache des Internets spricht. Hierdurch lassen sich auch aus grosser Entfernung aktuellen Detailinformationen der Maschine einsehen und Schlussfolgerungen treffen. Oder es lassen sich SQL-Datenbanken mit Betriebsparametern von Antrieben verknüpfen. Es gibt Kunden, die sind glücklich, weil sie dadurch endlich die Formatumstellung ihrer Maschine über ihr MES-System steuern können. Damit sind wir bereits mittendrin in der Cloud und beim Thema Big Data.

 

Wie meinen Sie das?

 

Dazu darf ich ein bisschen weiter ausholen: Worum geht es bei der Digitalisierung? Im weitesten Sinne dreht es sich doch um Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit. Der Hersteller versucht, heruntergebrochen bis auf Losgrösse 1, die Kundenwünsche zu erfüllen. Dazu benötigt er eine hohe Flexibilität in der Produktion, die man durch Vernetzung erreichen kann. Und wie kann man alles vernetzen? Indem man den gesamten Produktzyklus nicht in der realen Welt, sondern über einen digitalen Zwilling abbildet, also dem virtuellen Abbild der physischen Anlage. Um zu zeigen, wie Digitalisierung im Bereich der Automatisierungstechnik in der Praxis aussehen kann, hat SMC einen Demo-Modell entwickelt. Das versetzt uns unter anderem in die Lage, das Prinzip von Predictive Maintenance wie auch die Formatumstellung einer Maschine zu erläutern.

 

Können Sie das ein bisschen näher erläutern?

 

Der digitale Zwilling wird mittels WLAN beispielsweise auf einem Tablet angezeigt. Hier können aktuelle Prozessinformationen abgerufen werden. Zudem lässt sich die Anlage darüber ortsunabhängig parametrieren. Auch die Verknüpfung der Anlageninformationen mit anderen externen Informationsquellen wie ERP- oder MES-Systemen läuft im Hintergrund über den digitalen Zwilling.

 

Ist es für SMC schwierig oder aufwendig, solche smarten Produkte zu entwickeln?

 

Ich denke, SMC mit über 19000 Mitarbeitern weltweit hat weniger das Problem, intelligente Produkte für die Digitalisierung zu entwickeln. Wir hören sehr stark auf unsere Kunden. Jeder benötigt ein anderes Mass an Digitalisierung: von einer einfachen Maschine bis hin zu einer Smart Factory bestehen grosse Unterschiede. Deshalb entwickeln wir eng zusammen mit unseren Kunden die optimalen Lösungen für deren individuellen Bedarf. Es stellt sich auch die Frage: Was passiert mit den Daten, die von den Produkten erhoben werden? Ist man überhaupt in der Lage, diese Datenflut sinnvoll zu verwalten? Es geht also nicht darum, ob wir technisch in der Lage sind, Produkte für die digitale Revolution herzustellen – das können wir –, sondern darum, ob diese Komponenten auch geeignet sind, im Einsatz beim Kunden eine Wertschöpfung zu generieren. Und: Ob der Kunden dann auch bereit ist, für diesen Mehrwert zu bezahlen. Denn es reicht heute nicht mehr aus, eine Anlage produktionsfähig zu machen, sondern sie muss so produzieren, dass die Kosten im Planungsrahmen liegen. Diese Vorgehensweise entspricht übrigens genau der Produktphilosophie von SMC.

 

Wie meinen Sie das?

 

Im Endeffekt geht es bei uns um die kontinuierliche Verbesserung der bestehenden Produkte. Wir werden permanent von den Kunden angehalten, Teile zu bauen, die effizient sind. Das heisst: Bei der gleichen Grösse einer Komponente muss sie mehr leisten, oder bei der gleichen Leistung muss sie deutlich kleiner ausfallen oder mehr Funktionalitäten bieten. Nehmen Sie beispielsweise das Thema Energieeffizienz, Herr Pittrich. Wir wissen aufgrund eigener weltweiter Erhebungen, dass dies ein Trend ist, der unsere Kunden bewegt. Das erklärte Ziel von SMC ist es, mithilfe neuer Produkte und dem dazugehörigen Engineering den Energieverbrauch von Pneumatikkomponenten um 70 Prozent zu senken. Und unsere Anstrengungen bei der Digitalisierung zielen in eine ähnliche Richtung ...

 

Soll heissen?

 

Wie können wir unsere Produkte sinnvoll vernetzen, um in Losgrösse 1 produzieren zu können, um damit den Kunden zu mehr Effektivität und Wettbewerbsfähigkeit zu verhelfen?

 

Welche Herausforderungen sehen Sie in diesem Kontext auf die Schweizer Automatisierungsbranche in den nächsten Jahren zukommen – auch und gerade in Hinblick auf eine zunehmende Digitalisierung?

 

Zwei Themen werden uns grundsätzlich in der nächsten Zeit beschäftigen. Das erste ist das Thema der Produktivität. Nur ein Produktivitätsvorsprung kann das hohe Niveau der Lebensqualität in der Schweiz sichern. Dieser Vorsprung besteht aus den Kompetenzen, also Fachleuten, die auf modernster Technologie ausgebildet werden. Unter anderem darum haben wir unser Trainingssystem Sif 400 konzipiert, und dies ist auch ein Grund, warum wir uns beim Grand Prix Automatiker engagieren.

 

Und zweitens?

 

Mit dem Produktivitätsthema ist auch jenes der Kosten eng verbunden, die wiederum mit den Kompetenzen, sprich: mit der schlanken Konzeptionierung zu tun hat. Dazu gehört unter anderem das bereits angesprochene Bekenntnis von SMC zum Energiesparen bei Pneumatikprodukten.

 

smc.ch