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Optimierungspotenzial im Wareneingang

Die Firma ChemValve-Schmid AG wuchs in den vergangenen Jahren rasant, die Prozessdefinitionen wurden den stetig steigenden Anforderungen nicht mehr gerecht. Eine gründliche Situationsanalyse bildete die Grundlage, um den Wareneingangsprozess zu optimieren.

Der 1993 gegründete Armaturenhersteller ChemValve-Schmid AG mit Hauptsitz in Welschenrohr verzeichnete in den vergangenen fünf Jahren ein grosses Wachstum. Die Erweiterung von Produktionsfläche, Maschinenpark und Produktportfolio erfolgte Hand in Hand mit einer Zunahme an Mitarbeitenden. Gewisse Kernprozesse, wie die Fertigung und die Montage von Endprodukten, wurden stetig optimiert. Einige Abläufe hielten mit dem rasanten Tempo nicht Schritt, sind entsprechend änderungsbedürftig und entsprechen nicht mehr den Bedürfnissen des KMU.

Das letzte Geschäftsjahr zeigte, dass der Wareneingang eine zentrale Rolle in der Prozesslandkarte der Unternehmung spielt, denn die Eingangskontrolle beeinflusst die Qualität der zur Weiterverwendung freigegebenen Waren und entsprechend die Gesamtqualität des Endprodukts beziehungsweise die Anzahl nachträglich zu behebender Fehler. Überdies bildet er die Grundlage für eine griffige Lieferantenbewertung. Da aktuell zudem ein relativ grosser Personalaufwand gebunden wird, musste ein zukunftstaugliches, ressourcenverträgliches Konzept erarbeitet werden.

Die beim Wareneingang gewonnenen Informationen wirken sich auf nachgelagerte Prozesse aus und beeinflussen so unter anderem die Verarbeitungszeit von Expressaufträgen. Im Jahr 2017 nahm die Qualität der durch den Wareneingang freigegeben Ware stetig ab. Dies liess sich einerseits auf mangelhafte oder lückenhafte Arbeitsanweisungen zurückführen. Andererseits konnte dies auf das grundsätzlich nicht an die neuen Bedürfnisse der Firma angepasste Wareneingangskonzept zurückgeführt werden. Entscheidende Informationen werden nicht systematisch erfasst und so nur bruchstückhaft weitergereicht. Folgefehler sind somit mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten.

Für Christoph Schmid, CEO der ChemValve-Schmid AG, ist dieser Zustand nicht annehmbar: «Wir wollen unsere Kunden durch hohe Qualität, kurze Lieferfristen und zeitnahe persönliche Beratung begeistern. Entsprechend muss der Wareneingangsprozess, als frühes und wichtiges Glied in der Wertschöpfungskette unseren Bedürfnissen angepasst und mit der nötigen Gewichtung in die bestehende Prozesslandkarte integriert werden.»

Im Rahmen einer Projektarbeit wurde eine detaillierte Ist-Analyse durchgeführt. Ein Brainstorming, auch mit den beteiligten Mitarbeitenden des Unternehmens, förderte alle wichtigen Einflussgrössen des Wareneingangs zu Tage. Aus diesen Elementen liess sich eine Systemabgrenzung mit Eingriffssystem und Umfeld ausarbeiten. Die Systemabgrenzung diente dann als Grundlage für alle weiteren Analyseschritte. Eine Blackbox-Betrachtung ermöglichte es, die ankommenden und abfliessenden Waren und Informationen des Wareneingangs zu identifizieren. Anhand einer ABC/XYZ-Analyse liessen sich die Güter in Warengruppen gliedern. Diese Analyse diente als Grundlage für die nachfolgenden Lösungsfindungen. Eine SWOT-Analyse (Stärken, Schwächen, Chancen und Gefahren) wurde durchgeführt um brachliegendes Potential aufzudecken. Zudem wurde so ersichtlich, wo der grösste Handlungsbedarf besteht.

In einer frühen Projektphase wurden die Mitarbeitenden befragt, was ihre Arbeit erleichtern würde, wo die grössten Stolpersteine liegen und welche Anforderungen sie an den neuen Wareneingangsprozess stellen. Anhand der Interviews wurde ein stellenorientiertes Ablaufdiagramm erstellt, das auch die informalen Prozesse aufdeckte. Dieses wurde analysiert und mit dem Ablaufdiagramm des Qualitätshandbuches sowie den Abläufen aus den Literaturrecherchen und aus den Prozessen anderer KMU verglichen. Die Schnittstellenproblematik und daraus der gestörte Informationsfluss stellten sich als besonders problematisch heraus.

Zum Schluss der Situationsanalyse wurden die lokalen Gegebenheiten wie räumliche Ressourcen, Messmittel und die IT-Infrastruktur untersucht. Die Kenntnisse der Mitarbeitenden wurden mit einbezogen, um sie im neuen Wareneingangsprozess zwar zu fordern, aber nicht zu überfordern.

Bei der Lösungssuche wurde ein morphologischer Kasten für die räumlichen Aspekte, Prozesstätigkeiten und Informationsflüsse erstellt. Durch stellenorientierte Ablaufdiagramme wurden Lösungsvarianten gebildet und anhand des Zielkataloges bewertet. Die ausgewählte Lösungsvariante wurde detailliert ausgearbeitet, was eine Simulation des Prozesses anhand unterschiedlicher Warengruppen ermöglichte.

Beim erarbeiteten und zukünftigen Wareneingangsprozess wird die Wareneingangskontrolle auf ein Minimum beschränkt. Es wird lediglich die Quantität und visuelle Qualität der Waren geprüft, sowie eine entsprechende Buchung der Ware im Warenwirtschaftssystem durchgeführt. Diese Massnahme bietet der Firma mehrere Vorteile. So wird die Ware nach der Wareneingangsprüfung direkt zur nachfolgenden Stelle befördert. Handelt es sich bei der Ware beispielsweise um Rohmaterial, welches spanend bearbeitet werden muss, wird das Material zum entsprechenden Mitarbeitenden in der mechanischen Werkstatt transportiert. Dieser kann die detaillierte Qualitätsprüfung durchführen, währenddessen die modernen Bearbeitungscenter ihre Arbeit selbstständig verrichten. Der Mitarbeitende verfügt über das dazu notwendige, fachliche Knowhow. Sein bestehender Arbeitsplatz ist bereits bestens dazu eingerichtet und entsprechend mit den nötigen Hilfsmitteln ausgestattet. Die wertschöpfenden Tätigkeiten des Mitarbeitenden werden erhöht und die Verantwortlichkeiten auf mehrere Personen verteilt.

Die Prozessgestaltung in Unternehmen hängt stark von den Mitarbeitenden ab. Es gilt, ihr Know-how zu erfassen, sie gezielt einzusetzen und die Prozesse entsprechend anzupassen. Die Prozesse müssen zudem zyklisch analysiert werden um dem sich verändernden Umfeld gerecht zu werden. Nur so ist letztlich die Konkurrenzfähigkeit der gesamten Unternehmung nachhaltig gewährleistet.  (msc)

 

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