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Eintauchen in neue Lernwelten

Virtual Reality (VR) heisst das Zauberwort, wenn es darum geht, komplexe Inhalte, beispielsweise in der Maschineninstandhaltung, online zu vermitteln. Wie wichtig VR mittlerweile auch in der Berufsbildung geworden ist, zeigt das Beispiel «immersives Lernen»: Durch das Eintauchen in virtuelle Welten erlebt der Auszubildende

intensiv und gefahrlos wichtige Ausbildungsinhalte.

Allfällig hat die Eine oder der Andere folgende Szene beim Spielen am PC schon selbst erlebt: Man hat Höhenangst und muss in der virtuellen Welt über eine hohe Hängebrücke gehen. Das kann  Mühe bereiten. Die Immersion (englisch «immersion» = eintauchen) ist dann so gut, dass das Hirn dem User einen Streich spielt. Das geht so weit, dass bereits der Begriff Motion Sickness kreiert wurde. Den Betroffenen wird dann beim Spielen schlecht oder schwindelig, sie bekommen Kopfschmerzen.

 

Natürlich waren da auch ein paar Entwickler so findig und haben sich gedacht, dass man VR und AR (Augmented Reality) nicht nur bei Games oder anderen Bereichen der Unterhaltungsindustrie brauchen kann. Es müsste da auch Anwendungen für die Berufswelt geben – besonders bei Tätigkeiten, deren Training und Handling im realen Leben gewisse Herausforderungen mit sich bringen. Das Stichwort dazu heisst: Immersives Lernen.

 

So wird mit Virtual Reality etwa simuliert, wie sich verschiedene Materialien unter bestimmten Einflüssen verhalten – bei Hitze, Kälte oder unter Extrembedingungen. Beispielsweise werden unterschiedliche Szenarien auf der Rennstrecke durchgespielt und so die Settings von Rennwagen verbessert.

 

Auch für die Raumplanung und bei Architekten wird Virtual Reality bereits jetzt schon eingesetzt. So können Planer Häuser erstellen und sich diese dann in 3D anschauen, bevor überhaupt ein einziger Bauarbeiter die Baustelle betreten hat. Und auch die Inneneinrichtung kann in VR geplant werden: Welche Wandfarbe soll es sein? Wo steht später das Sofa? Wie ist es mit dem Licht, und wo soll der Sonnenstoren hin?

 

AR und VR können auch zum Zug kommen, wenn das Problem eher psychologischer Natur ist. Man kann in der virtuellen Welt lernen, mit der Höhenangst oder der Angst vor Tunneln oder dem Fliegen umzugehen. Entwickler können Situationen so genau nachbilden, dass der User wirklich Schweissausbrüche bekommt und trotzdem gefahrlos lernen kann, mit seinen Ängsten umzugehen.

 

Besonders interessant wird es bei gefährlichen Jobs. Da helfen Virtual oder Augmented Reality bei der Entwicklung der Skills sowie bei der Weiterbildung der Berufsleute, ohne dass diese reale Risiken eingehen müssen. Denkbare Bereiche sind hier: Militär, Luftfahrt oder auch Transport und Logistik von schweren Gütern wie auch der Umgang mit potenziell sehr gefährlichen Stoffen oder Elektrizität. Der Vorteil von VR und AR: Man kann virtuell so lange üben, bis jeder Handgriff sitzt ohne Gefahr an Leib und Leben.

 

Mit VR Handlungsabläufe interaktiv trainieren

Viele mögen jetzt denken, das sei alles noch Zukunftsmusik. Weit gefehlt. Das alles gibt es schon. Ein schönes Beispiel ist die «Ball Pen Mania». Dieser Show-Case ist zur Demonstration von VR als Trainingsmedium gedacht, unter anderem im Einsatz auf Messen. Am Beispiel eines Kugelschreibers wird gezeigt, wie VR zur interaktiven Wissensvermittlung eingesetzt werden kann und wie Handlungsabläufe in der virtuellen Welt trainiert werden können.

 

Dabei muss sich der User mittels VR-Brille in einem virtuellen Produktionsraum zurechtfinden sowie eine Task nach der anderen abarbeiten – von Pressen über Fräsen und Löten bis hin zur Gehäusemontage – bis er am Schluss den virtuellen Kugelschreiber in den Händen hält. Teilweise eine schweisstreibende Arbeit, da man sich ständig im Raum bewegen muss, von einer Station zur nächsten. Die Konzeption, 3D-Assets und die Entwicklung stammen vom deutschen Start-up Senselab.io. In der Schweiz werden die Lösungen zusammen mit dem VR-Partner Wion GmbH vertrieben (siehe Kasten: «Im Profil»).

 

Eine weitere und sogar preisgekrönte Trainings-Applikation («Immersive Learning Award 2018»), die in Zusammenarbeit mit der deutschen TÜV Süd-Akademie entwickelt wurde und im Rahmen von Präsenztrainings zur Durchführung von virtuellen Prüfungsaufgaben eingesetzt wird, ist das «Betreiben elektrischer Anlagen, Schaltbefähigung 1 kV – 30 kV in Virtual Reality». Steht man bei einer solchen Anlage mal ein paar Zentimeter zu weit vorne, dann springt der Spannungsbogen über. Im wirklichen Leben wäre dies ein finaler Fehler. Die Vorteile von VR liegen hier auf der Hand: Sensibilisierung der Zielgruppe auf Gefahren, Einbindung in bestehende Trainingssettings und Komplexitätsreduktion der Lerninhalte.

 

Die beschriebenen Trainings- und Schulungslösungen dienen der intensiven Wissensvermittlung, besonders wenn die Ausbildung unter realen Bedingungen gefährlich und teuer ist. Virtual Reality, Augmented Reality und auch 3D- sowie 360°-Lösungen werden eine führende Rolle im digitalen Wandel spielen – so viel sind sich Experten schon heute einig. Neue virtuelle Umgebungen ermöglichen Trainings und Schulungen so realitätsnah wie nie zuvor – das waren vor ein paar Jahren noch weit entfernte Zukunftsszenarien. Die Frage stellt sich, ob diese Art der Wissensvermittlung in Zukunft wirklich mit der klobigen VR-Brille geschehen wird – oder doch eher mit einer Linse im Auge. Tech-Konzerne wie Google überbieten sich zurzeit bei der Anmeldung für VR-Technologien bei den Patentämtern – vielleicht wird es auch ein Brain–machine-interface mal sein.

 

Auf einen Blick

 

Virtuelles Lernen

 

Vorteile von Virtual-Reality-basierten Schulungen:

Sie sind beliebig wiederholbar.

Sie geben ein direktes Feedback.

Sie sind billiger, wenn viel geschult wird.

Sie verschaffen räumliche Unabhängigkeit.

Sie schaffen eine neue Fehlerkultur.

Man kann viel ausprobieren, ohne reale Konsequenzen befürchten zu müssen.

 

wion.ch