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«Wir haben eine neue Gewichtung erhalten»

Ein Pionier der Industrierobotik, Kuka, hat in den letzten Jahren manche spektakuläre Veränderung erlebt. Das ging auch an der Schweizer Niederlassung nicht spurlos vorbei. Die «Technische Rundschau» hat im Exklusivinterview mir deren Geschäftsführer Thomas Riedweg über die Vorteile der neuen Struktur des Hauses, über Strategien und über Robotic Natives gesprochen.

Herr Riedweg, nachdem es in den letzten Jahren etliche Veränderungen im Kuka-Stammhaus und bei der Schweizer Niederlassung gegeben hat, eine grundsätzliche Frage: Wie ist Kuka in der Schweiz aktuell unterwegs?

Wir sind mit der aktuellen Entwicklung der Niederlassung in der Schweiz sehr zufrieden. Wir verfügen über ein etabliertes Netz von gut diversifizierten Partnerfirmen, die  Branchen-Know-how und Kundennähe zu allen Bereichen der Schweizer Industrie garantieren. Zu unseren Kunden zählen Endkunden aus allen Bereichen der produzierenden Indus­trie, aber auch Maschinenbauer und Zulieferer für die Automobilindustrie. Darüber hinaus konnten wir Partnerschaften mit Integratoren, Systempartnern und Bildungseinrichtungen schliessen. Wir haben in den vergangenen Monaten unsere Customer Service-Leistungen stark ausgebaut und können unsere Kunden nun mit Engineering-Dienstleistungen wie etwa Simulationen und Taktzeitanalysen unterstützen.  

 

Welches sind hierzulande Ihre erfolgreichsten Produkte?

Man könnte meinen, dass in der Schweiz vor allem unsere Kleinrobotik gefragt ist. Das stimmt auch, jedoch spüren wir auch eine starke Nachfrage nach Robotern der niedrigen und auch hohen Traglastklassen. Neben dem KR Agilus sind auch der KR Cybertech sowie der KR Quantec gefragte Modelle. Mit unserem grossen Sortiment decken wir den Traglastbereich von drei bis 1300 kg ab. Da ist für jede Aufgabe und Branche das geeignete Produkt dabei. Speziell gute Rückmeldung erhalten wir zu unseren Palettierrobotern, die sich durch ihre geringe Störkontur auszeichnen und sogar im Tiefkühlbereich eingesetzt werden können.

 

Wie ist die Schweizer Niederlassung heute in die Gesamtorganisation von Kuka eingebunden?  

Kuka Schweiz ist eine von fünf Niederlassungen der Kuka CEE GmbH mit Sitz in Steyregg, Österreich. Das Unternehmen ist in 20 Ländern der Region Europa tätig und unterhält neben der Schweiz weitere Niederlassungen in Tschechien, der Slowakei, Polen und der Türkei. Durch die Zugehörigkeit zum CEE Cluster profitieren wir von diversen Cluster-Leistungen. Daraus ergibt sich eine verbesserte Arbeitsteilung, weil wir in der Lage sind, uns auf unsere Kernkompetenzen in der Schweiz zu konzentrieren – dazu zählt die Kundenbetreuung und Beratung bei der Auslegung und anschlies­senden Anschaffung eines Roboters, sowie die kompetente Unterstützung durch unseren Kundendienst. Der grösste Vorteil aus unserer Sicht ist jedoch, dass wir mit ähnlich strukturierten und organisierten Ländern zusammengefasst sind und dadurch auch gegenseitig voneinander profitieren und Synergien nutzen können. Wenn Sie als kleine Niederlassung direkt an den Hauptsitz rapportieren müssen, ist es sehr schwierig sich Gehör zu verschaffen. Durch den Zusammenschluss der Länder haben wir eine ganz andere «Gewichtung» erhalten und können uns so auch das notwendige Gehör verschaffen. Weiter ist damit das Verständnis für unsere Abläufe und Aufgabenteilungen vorhanden, was die Kommunikation generell vereinfacht und uns mehr Spielraum und Flexibilität gibt.

 

Was hat sich damit für den Schweizer Kunden geändert?

Wie bereits erwähnt ermöglicht uns die Clusterzugehörigkeit, uns auf unsere Kernkompetenzen zu konzen­trieren. Dadurch konnten wir unsere Customer Service-Leistungen ausbauen. So können wir heute unsere Kunden bei der Planung und Umsetzung von neuen Robotik-Projekten unterstützen, unter anderem mit Simulationen und Machbarkeitsstudien. In unserem hauseigenen College bieten wir eine Auswahl an Kursen für Einsteiger aber auch für Fortgeschrittene an, und unser Customer Service Team sorgt dafür, dass die Anlagen unserer Kunden stets gut gewartet sind und hoch verfügbar bleiben. Unser Kerngeschäft ist nach wie vor ausschliesslich der Schweizer Markt.  

 

Mit Blick auf das Portfolio von Kuka: Welche generellen Unterschiede stellen Sie fest beim Vergleich des Schweizer Robotermarktes mit dem im umliegenden Europa?

Der grösste Unterschied liegt aus unserer Sicht weniger im Robotermarkt als im Markt Schweiz an sich. Wir Schweizer haben und pflegen immer noch einen direkten und persönlichen Umgang miteinander. Die Beziehung zum Kunden ist mitunter der wichtigste Bestandteil in einer erfolgreichen Zusammenarbeit. Eine offene, ehrliche und direkte Kommunikation ist die Basis dazu, und man zählt darauf, dass man sich auf die Partner verlassen kann, jeder sein Bestes gibt und sich korrekt verhält. Klar merken wir, dass es in der Schweiz keine Automobilindustrie gibt. Die technischen Anforderungen der Industrie sind ansonsten aber sehr vergleichbar mit anderen Märkten. Wir bekommen Anfragen aus den unterschiedlichsten Branchen für verschiedenste Produkte aus unserem Portfolio. Robotik ist auch schon lange kein Thema mehr, mit dem sich ausschliesslich gros­se Industriekunden befassen. Auch Kleinstbetriebe erkennen nach und nach die Vorteile und die Vielzahl an Möglichkeiten, die Robotik bietet. Und gerade in der Schweiz ist es sehr wichtig, dass wir laufend automatisieren, optimieren aber auch investieren um so gegenüber dem Ausland konkurrenzfähig zu bleiben.

 

Wohin geht bei Kuka die Reise in der Roboterentwicklung?

Manche Prozesse erfordern schnelle, effiziente Bewegungen, wieder andere sehr genaue Bewegungen. Noch in diesem Jahr wird es für die Quantec-Baureihe sogenannte Motion Modes geben. Damit kann ein Roboter erstmals nur via Software und während des Betriebs an individuelle Anforderungen angepasst werden. Im nächsten Jahr starten wir mit einer neuen Generation von Robotersteuerungen und unserer neu entwickelten, mittleren Traglastklasse. Auch bestehende Produkte werden laufend entsprechend den Anforderungen unserer Kunden weiterentwickelt. So entstanden schon eine Vielzahl an Technologiepaketen, die dem Anwender die Programmierung oder den Betrieb seiner Roboter vereinfachen. Das Thema Mobilität als Treiber von Industrie 4.0 ist nicht zu vernachlässigen. Kuka entwickelt hier Mobilitätskonzepte für eine weitere Flexibilisierung der industriellen Produktion und ist auch mit mobilen Roboterplattformen am Markt vertreten. Über den Tellerrand hinaus geschaut, befassen wir uns auch mit Zukunftsthemen wie Consumer- und Service-Robotik für zuhause.

 

Welche Chancen bietet die aktuelle Entwicklung Ihrem Unternehmen?  

Internet der Dinge, Industrie 4.0, Smart Production – auch wenn die Namen wechseln, geht es immer um die nahtlose Verbindung von digitaler und realer Welt. Als Vordenker und Wegbereiter der Industrie 4.0 treibt Kuka diesen Wandel hin zur vernetzten, intelligenten Produktion massgeblich voran. Durch Cloud Computing und Big Data wird sich der Digitalisierungsprozess erheblich beschleunigen. Systeme werden in der Lage sein, schnell zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Übertragen auf die industrielle Produktion in der Industrie 4.0 wird das ganz neue Produktionswelten schaffen. Die Anforderungen an produzierende Unternehmen steigen somit weiterhin rasant und verlangen nach flexiblen Produktionsprozessen. Die Lösung liegt in der Automatisierung der Produktion. Kuka gestaltet seit vielen Jahren die Zukunft der Robotik. Von sensitiven kollaborierenden Robotern über mobile Robotik bis zur Industrie 4.0 erarbeitet die konzerneigene Forschung mit Sitz in Augsburg technologische Grundlagen für Innovationen in der industriellen Fertigung und Servicerobotik. Entwicklungen in den Bereichen Mechatronik, Bedienung und Programmierung, Autonomie und Smart Data werden als wichtiger Bestandteil zukünftiger Produkte und Lösungen gesehen. Im Bereich Robotik ist es abzusehen, dass Roboter kleiner und mobiler, vernetzt und kognitiv sein werden. Sie werden zum alltäglichen Begleiter des Menschen. Nachrückende Generationen – Robotic Natives – werden Roboter und deren Fähigkeiten als Dienstleistungen wahrnehmen, die via Internet anforderbar sind und sich per Mausklick anpassen.

 

Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen und was ist zu unternehmen um diese zu meistern?

Die grösste Herausforderung, respektive das Ziel ist, den Kunden gerecht zu werden und diese optimal zu bedienen und zu unterstützen. Wir wollen einen schnellen und zuverlässigen Service und rasche Reaktionszeiten bieten. Es gibt immer Potential für Verbesserungen, dessen sind wir uns bewusst und wir arbeiten hart daran. Wichtig sind dabei unsere Mitarbeiter, die sich täglich für unsere Kunden einsetzen. Eine weitere grosse Herausforderung ist es, mit den vielen technischen Entwicklungen und Technologien Schritt zu halten und das aktuell benötigte Know-How bereitzustellen, um die Kunden bestmöglich zu bedienen.

 

Kuka hat sich vom Messebetrieb abgemeldet und informiert seine Kunden an In-House-Events. Was heisst dies für die Schweizer Niederlassung?

Durch das In-House-Event in Augsburg am 10. und 11. Juli konnten wir besonders breite Einblicke in das Lösungs-Portfolio direkt vor Ort geben. Mit solchen Events wollen wir den Austausch mit unseren Kunden fördern. Sie erhalten besonders tiefe Einblicke in konkrete Anwendungsbeispiele und in die Fertigung «Made in Germany». Unsere Schweizer Anwender konnten sich anlässlich der Einladung bei der Konzernmutter in Augsburg mit Experten aus den unterschiedlichsten Gebieten vor Ort austauschen. Auch wir in der Schweiz fokussieren uns heuer auf unser Kunden-Event im Herbst, an dem wir über neue Produkte, Lösungen und Entwicklungen informieren. Im Weiteren hat sich Kuka nicht generell von allen Messen zurückgezogen, sondern das Unternehmen will sich vermehrt auch auf branchenspezifische Ausstellungen konzentrieren, die sich vertieft den Themen Robotik und Industrie 4.0 widmen.

 

Zum Schluss: Worauf freuen Sie sich besonders mit Blick auf die Zukunft der Robotik?

Dass es hier noch lange nicht langweilig wird. Robotik bietet unzählige Anwendungsmöglichkeiten und jeden Tag kommen neue dazu. Darüber hinaus gibt es viele Entwicklungen, die noch in den Kinderschuhen stecken – denken Sie alleine an das Thema künstliche Intelligenz und die bereits erwähnte Industrie 4.0. Neue Technologien werden uns neue Möglichkeiten eröffnen, ähnlich wie es in der Vergangenheit der Computer, das Mobiltelefon oder das Internet taten. Heute könnten wir uns ein Leben ohne diese Technologien nicht mehr vorstellen. Auch unsere Kinder, die heute schon ganz selbstverständlich mit dieser Technik aufwachsen, werden hier bestimmt noch viele Themen und Entwicklungen vorantreiben und miterleben.

 

KUKA CEE GmbH, Steyregg

Zweigniederlassung Buchs

5033 Buchs, Tel. 062 837 43 20

info.robotics.ch@kuka.com

kuka.com