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«Bei PM steht der Markt noch am Anfang»

Vor der «Maintenance Schweiz» 2020 vom 12. bis 13. Februar äussert sich Ralf Dröschel von der Alfred Imhof AG, Generalimporteurin für SEW Eurodrive in der Schweiz, zur Umsetzung von Predictive Maintenance (PM) in der hiesigen Industrie.

Was erleben Sie als grösste Herausforderung auf dem Markt?

Bei den heutigen volatilen Märkten und dem schwankenden Frankenkurs stehen unsere Kunden vor grossen Herausforderungen. Wir sehen den Unterschied zu vor zehn Jahren, als man noch Zeit hatte, etwas zu reparieren und eine Anlage auch mal stillstehen konnte. Das geht heute fast nicht mehr.

 

Wie wirkt sich das auf die Umsetzung von neuen Technologien und Ansätzen wie Predictive Maintenance aus?

Unsere OEMs, die vor allem exportorientiert sind, befinden sich international in einem Umfeld, in dem der Preisdruck enorm ist. Deshalb sind Lösungen in Richtung PM eher schwer zu etablieren. Besonders im Bereich Instandhaltung wird eine schnelle Reaktion verlangt. Das Ziel sollte sein, dass es erst gar nicht zum Maschinenstillstand kommt. Wir stellen jedoch fest, dass viele unserer Kunden noch nicht so weit sind. Das liegt unter anderem daran, dass es zwecks Kostenoptimierung auch im Unterhaltsbudget zu Streichungen kam. Es gibt aber auch Industrien, die klar sagen, dass sie auf Crash fahren. Sie tätigen erst Neuanschaffungen, wenn etwas passiert. Ein völlig reaktives Prinzip.

 

Haben Unternehmen teilweise überhöhte Erwartungen?

Wir erleben mitunter die Situation, dass Kunden beim Ersatz eines Motors ein energiesparendes Modell verlangen, dessen Kosten sich innerhalb kurzer Zeit amortisieren sollen. Und das ist schon ein sehr ambitioniertes Ziel. In die Kalkulation des Kunden fliessen dann nämlich nicht nur die Mehrkosten zum normgerechten Motor, sondern die gesamten Investitionskosten mit ein. Und wenn diese Rechnung zu hoch ausfällt, bleibt man lieber beim alten System.

 

Wie setzt Alfred Imhof AG und SEW Eurodrive PM selbst um?

Auch SEW Eurodrive hat weltweit Produktionswerke, die sie natürlich mit der eigenen Technik ausstattet. Bei SEW läuft das unter der Dachmarke DriveRadar, die verschiedenste skalierbare Module beinhaltet. Auch dort findet eine stete Weiterentwicklung statt. Bereits während der Entstehung

eines Produkts wird ein digitaler Zwilling erstellt, der während des ganzen Lebenszyklus weiter mit Daten befüllt wird. Mit dem Scannen des QR-Codes erhält der Mitarbeiter alle relevanten Informationen zum Antrieb. So können wir bei Bedarf auch vorausschauende Instandhaltung anbieten

 

Wie lautet Ihr Pauschalurteil zur Umsetzung von PM: Hat die Schweizer Industrie ihre Hausaufgaben gemacht?

Es hat definitiv ein Umdenken stattgefunden in Richtung Systembetrachtung – auch getrieben durch Verordnungen und Normen. Doch ich denke, dass noch einiges getan werden kann. Die Schweizer Industrie steht bei Predictive Maintenance noch am Anfang des Lernprozesses. Die Maschinenbauer sind enorm kostengetrieben, weil sie im internationalen Vergleich stehen. Daran scheitert oft die Investition. Wir machen da gerne den Eisberg-Vergleich: Das, was man an der Oberfläche sieht, sind lediglich die Investitionskosten. Alles, was unsichtbar darunter liegt – und das sind 70 bis 80 Prozent – sind Betriebskosten. Das heisst: Wenn ich oben ein bisschen mehr investiere, spare ich unten deutlich mehr. Diese Betrachtung ist in der Branche noch nicht ganz angekommen. Aber ich denke, wir sind auf gutem Weg. Gerade die Energieplattform Topmotors leistet hier gute Arbeit.

 

Wie steht es um die Vermarktung des Angebots?

Auch da sind wir noch am Anfang. Wir stellen fest, dass besonders die OEMs eher kostengetrieben sind und nur das anbieten, was der Endkunde verlangt. Hier müsste auch beim Endkunden ein Umdenken stattfinden. Er sollte seine Wünsche etwas genauer spezifizieren, bevor er eine Anlage kauft.

 

Welche Rolle spielen Smart Products oder Smart Services dabei?

Ich denke, der Markt wird sich weg von der Erstinvestition, die oft eine grosse Hürde ist, hin zu Miet- beziehungsweise Leasinglösungen im Bereich Smart Products bewegen. Ich bin zuversichtlich, dass dies sehr gut angenommen wird.

 

Nehmen Sie denn die Nachfrage in diesem Bereich schon wahr?

Unsere grösseren Kunden fragen diese Services bereits an, aber bei den KMU sind sie noch nicht in der Breite angekommen. Ich erhoffe mir, dass wir auch auf der Maintenance 2020 den einen oder anderen Kunden überzeugen können, sich das Thema konkret anzuschauen.

 

Wie überzeugen Sie an der Maintenance klassische Instandhalter, sich mehr mit neuen Technologien auseinanderzusetzen?

Wir werden ein Antriebsmodell ausstellen, an dem wir praxisnah zeigen, wie Services funktionieren. Wir werden einen Fernwartungszugriff auf drei Standorte in Deutschland haben, wo wir Industriebetriebe mit Drive-Radar-Komponenten ausgestattet haben. Daneben bieten wir unsere klassischen Dienstleistungen an.

 

imhof-sew.ch