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Technische Rundschau

«Die Erwartungen sind von allen Seiten hoch»

David von Büren, Messeleiter der Innoteq, Sindex und der Ble.CH, ist seit über drei Jahren für die Bernexpo AG tätig.
Bild: Bernexpo

2021 hätte die Premiere der Fachmesse Innoteq in Bern stattfinden sollen. Da diese pandemiebedingt nicht realisiert werden konnte, entschloss sich die Bernexpo als Veranstalterin damals dazu, mit der Innoteq Digital die erste rein digitale Fachmesse durchzuführen – mit Erfolg, wie sich herausgestellt hat. Trotzdem sind die Erwartungen an die Innoteq vom 7. bis 10. März 2023 hoch. Grund genug, um im Vorfeld mit Messeleiter David von Büren über die neue Schweizer Leitmesse der MEM-Industrie zu sprechen.

Herr von Büren, Sie sind seit mittlerweile drei Jahren für die Bernexpo tätig. Was waren die Highlights in dieser Zeit – gene­rell und für Sie persönlich?  
Mein Start als Messeleiter der Industrieformate der Bern­expo war herausfordernd und in den Pandemiejahren geprägt von Messeabsagen und -verschiebungen respektive der Durchführung von deutlich kleineren Fachmessen, als wir uns dies in der Vergangenheit gewohnt waren. Dennoch gab es gleich mehrere Highlights: Mit der Innoteq Digital 2021 führten wir die erste rein digitale Fachmesse und mit der Sindex 2021 die erste durchgehend hybride Fachmesse der Schweiz durch. Die Bernexpo als Veranstalterin hat hier gemeinsam mit den partizipierenden Ausstellenden und den involvierten Verbandspartnern einmal mehr Mut und Pioniergeist bewiesen und konnte unzählige wertvolle Erfahrungen für die Fachmessen sammeln. 

Worauf hätten Sie in diesem Zeitraum gerne verzichtet?  
Die pandemiebedingt tieferen Aussteller- und Besucherzahlen waren teilweise frustrierend, da der Initialaufwand für die Konzeption, Planung und Umsetzung einer Fachmesse nahezu gleich hoch blieb. Dennoch sind wir überzeugt, dass die Durchführungen 2021/2022 richtig und wichtig waren, da sonst der Unterbruch für unsere Ausstellenden und uns als Veranstalterin zu lange gewesen wäre. 

Eine aktuelle Statistik von Statista zeigt, dass allein in Deutschland die Besucherzahlen von überregionalen Messen coronabedingt von etwa zehn auf rund zwei Millionen zurückgingen. Wie hat die Pandemie die Messelandschaft Schweiz verändert? 
Live bleibt Königin! Multisensuale und damit emotionale Ereignisse lassen sich nicht durch digitale Massnahmen ersetzen. Die Besucherzahlen sind ja nicht wegen fehlender Attraktivität oder Daseinsberechtigung der Events eingebrochen, sondern aufgrund eines faktischen Veranstaltungsverbots beziehungsweise rigoroser behördlicher Einschränkungen und Auflagen. Dennoch hat die Pandemie die Messelandschaft nachhaltig verändert: Künftig steht Qualität noch stärker vor Quantität, und hybride Formate – also Live-Events mit sinnvoller digitaler Ergänzung und Verlängerung – werden an Bedeutung gewinnen. Gerade auch im Kontext des laufenden Generationenwechsels sind Veranstaltende und Ausstellende gemeinsam gefordert, ihre Formate laufend weiterzuentwickeln und den neuen Bedürfnissen und Erwartungen der Besuchenden anzupassen.

Der B2B-Plattformbetreiber Visable und die Hochschule Macromedia Köln attestieren internationalen Messen eine verheerende CO2-Bilanz. Wie schätzen Sie die Zukunft der Fachmessen grundsätzlich ein beziehungsweise was bedeutet das für das Industriemessen-Portfolio der Bernexpo? 
Die Publikums- und Fachmessen der Bernexpo richten sich grundsätzlich an ein nationales Publikum mit entsprechend kurzen Anreisewegen. Unser Areal in Bern ist innerhalb der Schweiz zentral gelegen, optimal und multimodal erschlossen. Das Thema Nachhaltigkeit geniesst bei der Bern­expo einen hohen Stellenwert. So streben wir beispielsweise noch dieses Jahr eine entsprechende ISO-Zertifizierung an, und die neue Festhalle, welche im März 2025 eröffnet wird, erfüllt den Minergie-Standard. Mit solchen und weiteren Massnahmen leisten wir einen relevanten Beitrag an eine nachhaltige Veranstaltungszukunft. Massgeblich ist aber vor allem, dass bei vielen unserer Formate Themen und Innovationen rund um die Nachhaltigkeit entscheidend zur Marktfähigkeit gebracht und behandelt werden: Die Landwirtschaftsmesse Agrama beschäftigt sich intensiv mit Smart Farming, die Kommunalmesse Suisse Public mit Smart City & Smart Building, die Technologiemesse Sindex mit Automatisierung oder eben die Innoteq mit dem Fokusthema «Creating a sustainable future». 

Vom 7. bis 10. März findet die Innoteq 2023 in Bern statt. Das Leitmotto der Veranstaltung lautet «Fit for future». Neben den Fokusthemen «Creating a sustainable future» und «Swiss Manufacturing» stehen die beiden Sonderthemen «Inno­teq Talents» und «Innoteq Startups» im Mittelpunkt des Interesses. Würden Sie diese Themen für unsere Leser bitte etwas detaillierter beschreiben? 
Die Schweizer Industriebranche sieht sich seit Jahren mit immer wieder neuen Herausforderungen konfrontiert: angefangen mit der Finanzkrise über die Pandemie und den Krieg in der Ukraine bis zu drohenden Energieengpässen respektive hohen Energiekosten und der angespannten Lage zwischen China und Taiwan. Das Leitthema «Fit for future» widmet sich genau diesen Themen und soll den Beteiligten aufzeigen, wie sie sich optimal für die Zukunft wappnen können. Das Fokusthema «Creating a sustainable future» behandelt Themen wie Nachhaltigkeit, Dekarbonisierung, Klima, Energie und CO2. Und beim Fokusthema «Swiss Manufacturing» geht es um Deglobalisierung, Local Sourcing und Backshoring, den Werk- und Innovationsplatz Schweiz sowie um Produktivität und Kompetitivität. Die Sonderzone «Innoteq Talents» widmet sich dem Thema Aus- und Weiterbildung, Nachwuchsförderung und Fachkräftemangel. Und die Sonderzone «Innoteq Startup» präsentiert Schweizer Start-ups und Jungunternehmen und ermöglicht diesen so eine attraktive Plattform, ihre Innovationen einem interessierten Fachpublikum zu präsentieren. 

Die Innoteq bietet auch noch andere Content-Formate und Side-Events an. Wen adressieren Sie damit? 
Speziell hervorheben möchte ich hier unsere Digitalplattform als Ergänzung des Live-Events. Sie ermöglicht es allen Interessierten – auch denjenigen, welche nicht nach Bern reisen können – viele Inhalte zeit- und ortsunabhängig zu konsumieren. Kernelemente sind das ausführliche Aussteller­verzeichnis sowie das «Innoteq-TV», welches während allen vier Messetagen attraktiven Content direkt aus den Messehallen produziert. Für die Besuchenden vor Ort kommen der Eröffnungsanlass, der Ausstellerabend, die Guided-Tours, eine VIP-Lounge sowie diverse Standevents und Parties unserer Ausstellenden hinzu. 

Das Innoteq-TV-Team wird täglich in den Messehallen unterwegs sein. Welchen Aufwand betreiben Sie hier und wie soll dieser angenommen werden – vor allem vor dem Hintergrund, dass Präsenzmessen vermehrt wieder stattfinden? Wie sieht hier das Kosten-Nutzen-Verhältnis aus?  
Die Kosten für ein eigenes Messe-TV sind erheblich, immerhin bewegen sich drei VJ-Teams während vier Tagen in unseren Hallen, alle Inhalte werden vor Ort nachbearbeitet und direkt distribuiert. Dennoch sind wir gleich aus mehreren Gründen von diesem neuartigen Format überzeugt: Wir erreichen neue Kundengruppen – insbesondere im Kontext des laufenden Generationenwechsels und der damit verbundenen Ansprache einer jüngeren Zielgruppe –, produzieren relevanten Content für alle Online-Kanäle, differenzieren uns von unseren Mitbewerbern und schaffen eine Contentplattform für alle, also Ausstellende, Besuchende sowie Verbands- und Medienpartner oder Sponsoren.

Die Innoteq 2023, für die Sie 250 Haupt- und Mitausstellende gewinnen wollen, gilt als neue Schweizer Leitmesse der MEM-Industrie. Wie viele Aussteller haben sich aktuell angemeldet, mit wie vielen rechnen Sie noch beziehungsweise ist die Standkapazität bereits ausgeschöpft? 
Wir werden das deklarierte Ziel erreichen und 250 Haupt- und Mitausstellende präsentieren können. Die «Maschinenhallen» im Untergeschoss sind ausverkauft, in den oberen Hallen mit allen Zulieferern und Querschnittsthemen sind noch letzte Flächen verfügbar.

Welche besonderen Services und Dienstleistungen bieten Sie Ausstellern und Besuchern? 
Ausstellende können sämtliche Leistungen, egal ob Standreinigung, Standbewachung, Standcatering, Installationen, Tickets, Logistikleistungen und so weiter einfach und bequem bis kurz vor Messebeginn online bestellen. Speziell erwähnen möchte ich hier, auch im Kontext «Nachhaltigkeit», den e-Bag: Besuchende haben neu mittels QR-Scanning an Tablets bei jedem Ausstellenden die Möglichkeit, Dokumente der Unternehmen in ihrem virtuellen Warenkorb zu deponieren und erhalten nach ihrem Messebesuch alle Unterlagen elektronisch zugestellt. Dadurch können Ausstellende auf unnötige Druck- und Logistikkosten verzichten, und die Besuchenden brauchen nicht sackweise Printprodukte nach Hause zu tragen.

Die Schweizer Fertigungsindustrie steht vor grossen und anspruchsvollen Herausforderungen – Fachkräftemangel, Digitalisierung, steigende Energiekosten, hohe Inflation und so weiter. Bei welchen Innoteq-Ausstellern sehen Sie vielversprechende Lösungsansätze, über die Sie berichten können? 
An dieser Stelle möchte ich keine einzelnen Ausstellenden hervorheben oder namentlich nennen, denn alle leisten einen äusserst wertvollen Beitrag zur Lancierung dieser neuen Industrieplattform. Was wir an bisherigen Standkonzepten gesehen haben, stimmt uns äusserst positiv. Viele Ausstellende betrachten die Innoteq bereits jetzt als nationale Leitmesse, werden genau diese Themen behandeln und bieten spannende Produkte und Lösungen. Ein Besuch vor Ort wird dies bestätigen.

Gemeinsam mit den Trägerverbänden Swissmechanic, Swissmem und Tecnoswiss haben Sie das Leitthema und die Fokusthemen definiert. Wie wichtig ist Ihnen diese Zusammen­arbeit und welche weiteren Aktivitäten ergeben sich daraus womöglich? 
Die Zusammenarbeit mit den drei Trägerverbänden ist für die Innoteq essenziell. Sie ermöglicht uns als Veranstalterin den Wissens- und Informationstransfer sowie den Markt- und Netzwerkzugang. Die Verbände sind tragender Teil des strategischen Boards der Innoteq, in welchem zudem namhafte Unternehmer vertreten sind. Gemeinsam arbeiten wir seit 2020 an der strategischen Ausrichtung der Innoteq. Zudem ist es für uns gerade in den Zwischenjahren wichtig, weiterhin präsent zu sein: 2022 war die Inno­teq beispielsweise Sponsorin des Swissmem Symposiums oder des Swissmechanic-Business-Days und war ausserdem am 100-Jahre-Jubiläum des Tecnoswiss vertreten.

Was versprechen Sie sich von der Innoteq 2023 insgesamt? 
Die Erwartungen an diese Erstausgabe sind von allen Seiten hoch, das spornt uns natürlich an. Dennoch dürfen wir nicht vergessen, dass diese neue Industrieplattform über die kommenden zwei bis drei Ausgaben verstärkt aufgebaut und etabliert werden muss. Wir erwarten während den vier Messetagen rund 15 000 Besuchende vor Ort. Hinzu kommen alle Interessierten, welche sich über das erwähnte Onlineangebot informieren. 

Worauf sind Sie besonders stolz? 
Darauf, dass es der Bernexpo gelungen ist, gemeinsam mit den Trägerverbänden ein neues Industrieformat zu ent­wickeln. Ich freue mich nun enorm auf die bevorstehende Erstausgabe. Der grösste Dank gilt allerdings denjenigen Ausstellenden, welche das unternehmerische Risiko auf sich nehmen, an das Format glauben und im März 2023 ihre Neuheiten und Lösungen präsentieren werden. Denn sie leisten einen relevanten Beitrag zum nachhaltigen Erfolg dieser neuen Schweizer Leitmesse. Und dann bin ich auch stolz auf mein Messeteam und alle weiteren Partner, welche uns durch die schwierigen Pandemiejahre begleitet haben und die Innoteq in irgendeiner Form unterstützen.

Um den Menschen David von Büren besser kennenzulernen: Was machen Sie gerne in Ihrer Freizeit? Welche Besonderheiten können Sie über sich erzählen? Was zeichnet Sie aus? 
Ich arbeite inzwischen seit über 25 Jahren im Live-Marketing und habe bei der Bernexpo als Messeleiter der Indus­trieformate Innoteq, Sindex und Ble.CH meine bislang wohl spannendste und vielseitigste Herausforderung gefunden. Daneben bin ich verheiratet und Vater von vier Kindern. Die wenige Freizeit, die dann noch bleibt, verbringe ich mit Wandern, Bergsteigen, Skifahren, Yoga und Kochen. Mehr lässt sich leider nicht realisieren. 

Joachim Vogl