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Technische Rundschau

«Ersatzteilsuche basiert auf AI»

Volker Reichmann (47) ist mittlerweile seit über 20 Jahren für den Anbieter von Komplettlösungen für Hersteller von Präzisionsteilen und -werkzeugen sowie den Formenbau tätig.
Bild: GF Machining Solutions

Die Pandemie hat viel verändert – laut Volker Reichmann, Projektmanager bei GF Machining Solutions, auch das Käufer-/Nutzerverhalten, weswegen das Schweizer Unternehmen nun eine neue Plattform anbietet. Darüber hinaus setzt GF bei dem neuen internen Tool «Mobile Parts Finder» auf Artificial Intelligence (AI, Künstliche Intelligenz), wie Reichmann der «Technischen Rundschau» im exklusiven Interview berichtet.

Herr Reichmann, seit Ende 2022 verfügt GF über eine neue Plattform, über die Interessierte kundenspezifische Angebote einholen können. Was waren die Gründe dafür, einen eCatalog für System 3R und einen eCatalog für GF Machining Solutions – einschliesslich Werkzeugen von System 3R – anzubieten? 
In den vergangenen Jahren ist es zu einem veränderten Käufer-/Nutzerverhalten gekommen, auch in Verbindung mit Corona. Dies war entscheidend für unseren Weg zu einem eShop. Die beiden Kataloge, der für System 3R und der für GF Machining Solutions, sind unterschiedlich, um die verschiedenen Zielgruppen spezifisch adressieren zu können. Das Angebot wird für Dienstleistungen erweitert, die in Zukunft flexibel bezogen werden können.

In den ersten zwei Wochen nach dem Launch konnten Sie bereits 400 Nutzer von dieser neuen viersprachigen Plattform – in Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch – überzeugen. Welche Erwartungen und Ziele verbinden Sie damit, und welchen Mehrwert schaffen Sie damit für Anwender? 
Unsere Ziele sind die 24/7-Erreichbarkeit für Bestellungen, Zeitersparnis bei wiederkehrenden Bestellungen, letztendlich ein One-Stop-Shop, durch den wir alles aus einer Hand anbieten. Der eCatalog soll für den Kunden in seiner lokalen Sprache verfügbar sein. Bis Ende 2023 werden weitere Sprachen und Produktkategorien folgen.

Wer konkret nutzt diese Plattform, und welche Rückmeldungen haben Sie bereits erhalten?  
Es ist abhängig von der Firmengrösse des Kunden, wer die Plattform nutzt. Falls es sich um eine kleine Firma handelt, sind dies eher Maschinenbediener. Falls dies eine grössere Firma ist, eher der Einkauf. Wir hatten bisher ein positives Feedback, viele wünschen sich eine direkte Einkaufsmöglichkeit online.

Der eCatalog enthält aktuell über 4800 Produkte, hauptsächlich aus den Bereichen Verbrauchs- und Verschleissmaterial sowie Tooling. Wie sieht hier Ihre Roadmap aus? 
Es werden noch in diesem Jahr weitere Produktkategorien hinzugefügt. Zusätzlich werden wir die Funktionalität 2023 erweitern. 

Welche Überlegungen spielten bei der Realisierung dieser neuen Plattform eine entscheidende Rolle? 
Die verwendete Lösung, SAP Commerce Cloud, sollte ohne weitere Migration in ein anderes Tool als eShop verwendet werden können. Es handelt sich sozusagen um eine mitwachsende Lösung. In der Vergangenheit wurden Tools verwendet, die nicht ohne grossen Aufwand in ein Shopsystem integriert werden konnten. Deshalb bin ich bei diesem Projekt einen anderen Weg gegangen. Wir haben das Shopsystem ausgesucht, nutzen im Augenblick aber nur die Katalogmodule. Vom Start des Projektes bis zur Öffnung für Kunden haben wir nur sechs Monate gebraucht. 

Neben der neuen Plattform für Ihre Kunden haben Sie auch ein neues, internes Tool namens Mobile Parts Finder, kurz MPF, geschaffen. Dies dient zur Identifikation von Ersatzteilen per Bild­erkennung, womit die Suche erheblich verkürzt wird. Wie genau funktioniert der Mobile Parts Finder und was resultiert aus der verkürzten Suche? 
Wir bieten eine einfache, schnelle und zielführende Ersatzteilsuche für unsere Servicetechniker durch die Kombi­nation einer schnellen visuellen Suche mit Foto und einer visuellen und semantischen Textsuche. Wir trainieren eine AI mit Bildmaterial und ersatzteilspezifischen Textinforma­tionen. Sollte die AI das Ersatzteil nicht finden, nutzen wir das Service Agent Portal für manuelle Suchbestätigungen. Im Service Agent Portal können wir alle Suchen überblicken und gegenbestätigen. Zugriff haben nicht nur die Field-Service-Techniker, sondern auch der First-Level- und Second-Level-Support. 

Aktuell verwenden in Ihrem Unternehmen mehr als 600 Field Service Engineers den Mobile Parts Finder – eine erhebliche Anzahl von Personen bei insgesamt über 3300 Mitarbeitern weltweit. Welche Rückmeldungen erhielten Sie von Ihren Kolleginnen und Kollegen? 
Unser Mobile Parts Finder wurde schrittweise eingeführt. Wir hatten, bei reduziertem Umfang, bereits eine Machbarkeitsstudie und einen Piloten durchgeführt. Das Feedback war durchgängig äusserst positiv. Nach dem Piloten mit etwa 100 Teilnehmern sind wir jetzt im Augenblick am globalen Roll-Out.

Joachim Vogl