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Technische Rundschau

«Qualität und Präzision sind Teil unserer DNA»

Pierre-Yves Kohler, CEO des Messeveranstalters Faji.
Bild: Pascal Crelier

Die Messe Siams, die alle zwei Jahre die Welt der Mikrotechnik ins Zentrum stellt, präsentiert sich auch 2024 in Moutier bewusst als kleine Messe, so Pierre-Yves Kohler, CEO des Messeveranstalters Faji. Er spricht über die Stärke des Überschaubaren, die Liebe zu gut gemachter Arbeit und den «Planeten Siams» – der dort beheimatet ist, wo man «nicht so gerne über sich selbst spricht.»

Monsieur Kohler, die Siams wirbt damit, dass es viele gute Gründe gibt, dem ‹Planeten Siams› einen Besuch abzustatten. Welchen Grund würden Sie persönlich angeben, weshalb die Siams 2024 wieder einen Besuch wert ist?
Weil unsere Aussteller die besten der Welt sind und alle aktiv daran arbeiten, an der Siams teilzunehmen und hier ihre Innovationen, an denen sie oft zwei volle Jahre gearbeitet haben, bestmöglich zu präsentieren. Der ‹Planet Siams› wird also wieder einmal für spannende Entdeckungen stehen.

Die Siams positioniert sich seit ­jeher als ‹sympathische Messe von überschaubarer Grösse›. Warum?
Weil es wirklich so ist – der für die Siams verfügbare Platz ist begrenzt und die maximale Grösse der ­Stände ebenfalls. Und was den sympathischen Aspekt betrifft: Die Siams befindet sich inmitten des Jurabogens, eines ­Zentrums für die Mikrotechnik; ein Ort, der von technischer Kompetenz, ständiger Weiterentwicklung und Innovation charakterisiert ist. Aber auch ein Ort, an dem man nicht so gerne über sich selbst spricht oder sich explizit in Szene setzt. Die Messe spiegelt dies wider, denn sie ist konkret, einfach und sympathisch. Es gibt keine Übertreibungen, und das wirkt sich auch auf die Atmosphäre aus. Etwa 45 Prozent der ­Aussteller und Besucher sind deutschsprachig und alle fühlen sich wie zu Hause. Bei der Siams gibt es keinen Röstigraben.

Gleichzeitig vermeldet die Messe eine Warteliste mit rund 50 Unternehmen, die gerne an der Siams 2024 teilnehmen würden, auch für die Ausführung im Jahr 2026 gibt es schon Interessenten auf der Warteliste – steht im Raum, die ­Messe künftig allenfalls doch zu vergrössern oder den Turnus zu verändern?
Wie gesagt, die Messe ist überschaubar und wir halten es für sehr wichtig, diesen Aspekt zu bewahren. Die 450 Aussteller kennen sich und machen sehr oft Geschäfte miteinander. Es ist nicht ungewöhnlich, dass sie Besucher an bestimmte andere Stände weiterweisen, um ihnen zu helfen, die ­beste ­Lösung zu finden. Auch für Besucher ist es einfach, an der ­Messe teilzunehmen und Erfahrungen zu sammeln. Wir haben es ja in der Messewelt immer wieder erlebt, dass es auf lange Sicht oft keine gute Idee ist, ungehindert zu ­wachsen.

Sie haben für 2024 einige Verbesserungen vorgenommen, so soll zum Beispiel die Parkplatzsituation entschärft werden mit mehr Parkplätzen in Moutier, einer weiteren Parkmöglichkeit in Grenchen sowie einer Plattform zur Organisation von Fahrgemeinschaften. Wo sehen Sie für die Zukunft noch Verbesserungspotenzial für die Siams? 
Wir haben in diesem Jahr auch das Essensangebot erweitert. Wir versuchen, uns ständig und auf allen Ebenen zu verbessern. Unser Ziel ist es, dass Aussteller und Besucher Moutier mit der festen Absicht verlassen, 2026 wiederzukommen. Die Siams ist eine echte Interessengemeinschaft, und als solche sehen wir sie als ein Instrument, das sich im Dienste der Aussteller und Besucher immer weiter ­entwickeln und ausbauen muss. Wir haben das Glück, auf ein sehr dynamisches Ausstellerkomitee, aber auch auf die Gesamtheit unserer Aussteller zählen zu können. Ein Beweis dafür sind die 125 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an unseren beiden Informations- und Arbeitssitzungen vom 25. Januar für die Siams 2024. Wir werden also ständig unterstützt. Es ist unmöglich, die Zukunft vorherzusagen, aber wir setzen alles daran, dass wir uns zusammen mit unseren Kunden – Ausstellern wie Besuchern – so weiterentwickeln können, dass wir weiterhin eine Quelle für Informationen und qualifizierte Kontakte in der Welt der Mikrotechnik bleiben. Wir haben auch eine Arbeitsgruppe mit Ausstellern und jungen Leuten in Ausbildung eingerichtet, die versuchen soll, den Bedarf von morgen zu ermitteln. Das ist eine spannende ­Herausforderung, die wir gemeinsam mit den Ausstellern angehen.

Durch Ihre Tätigkeit erhalten Sie Einblick in die Entwicklungen in der Branche. Das geopolitische Umfeld ist derzeit schwierig, Themen vom starken Schweizer Franken bis zum Fachkräftemangel beschäftigen die Unternehmen: Wie stark ist aus Ihrer Sicht die Mikrotechnik von diesen Entwicklungen betroffen? 
In der Tat gibt es mehrere grosse Herausforderungen, von denen die vielleicht wichtigste der Nachwuchs an qualifizierten Arbeitskräften in technischen Berufen ist. Wir haben das Programm ‹#bepog› ins Leben gerufen, um die technischen Berufe aufzuwerten. Wir organisieren insbesondere Informationsveranstaltungen und Schulungen an den Schulen und stellen Unternehmensbesuche für Jugendliche und Lehrkräfte oder auch Speed-Datings für Industrieberufe auf die Beine. Im Rahmen der Siams 2024 werden wir einen ­Bereich ‹Human Resources› eröffnen, um den Unternehmen zu ermöglichen, qualifiziertes Personal zu finden. Es sind mehrere Aktionen vorgesehen, wobei der Fokus vor allem auf jene Unternehmen gerichtet sein soll, die Personal ­suchen. Eine weitere Herausforderung ist die ­Fähigkeit, in der Schweiz rentabel zu produzieren. ­Angesichts des starken Frankens und der internationalen Konkurrenz müssen die Schweizer Mikrotechnikunternehmen immer intelligenter, flexibler – oder ‹agil›, um ein Modewort zu verwenden – sein und immer ­leistungsfähigere Produkte bieten können. Oder anders: Sie müssen besser sein als ihre Konkurrenten. Die Siams hilft ihnen dabei, indem sie ihnen immer umfassendere Produkte, Dienstleistungen und Lösungen anbietet.

Wie gut sehen Sie die Mikrotechnik-Unternehmen, speziell auch die des Arc jurassien, hier gerüstet? Sind bestimmte Betriebe stärker betroffen als andere? 
In diesem Kontext besteht die Chance der an der Siams ausstellenden Unternehmen darin, dass sie bereits auf der Suche nach Exzellenz und Innovation sind. Wir befinden uns im Herzen der Entwicklung der Schweizer Uhrenin­dustrie und der Mikrotechnik. Präzision, Qualität und die Liebe zu gut gemachter Arbeit sind Teil der DNA unserer ­Unternehmen.

Färbt die derzeitige wirtschaftliche und geopolitische Stimmung auch auf die Siams ab? 
90 Prozent unserer Besucher kommen aus der Schweiz und 10 Prozent aus über 80 anderen Ländern. Natürlich sind einige unserer Kunden ­direkter von der angespannten Weltlage betroffen als wir, aber das ist kein Aspekt der Siams.

Ein weiteres Thema derzeit ist der Wandel hin zu Automatisierung und Digitalisierung: Wie schneiden die Unternehmen der Branche hier aus Ihrer Sicht inzwischen ab? Und wie greift die Siams das Thema auf? 
Digitalisierung und Automatisierung sind in der breiten ­Öffentlichkeit immer noch so was wie Modebegriffe, aber in der Realität hat die Industrie diesen Schritt schon längst vollzogen. Wir haben die Lösungen der sogenannten I­ndustrie 4.0 bereits auf der Siams 2018 hervorgehoben. Daher bieten wir dazu keinen speziellen Themenschwerpunkt mehr an,  da sie an allen Ständen gegenwärtig ist.

Ist KI ein Thema in der Branche – und an der Siams?
Auf jeden Fall. Der erste Konferenzabend trägt übrigens den Titel: ‹Künstliche Intelligenz und Industrie: Entmystifi­zierung, Stand der Technik und erste Anwendungen.› Die Besucher haben nicht nur die Möglichkeit, sich mit allgemeinen Begriffen vertraut zu machen, sondern auch konkrete Anwendungen vor Ort zu entdecken, die von Ausstellern bereits umgesetzt wurden.

Wie stark ist die additive Fertigung inzwischen im Bereich der Mikrotechnik präsent – und wie bilden Sie dies allenfalls an der Siams ab?
Für uns ist die additive Fertigung Teil der Produktionskette in der Mikrotechnik. Mehrere Aussteller – Maschinenlieferanten oder Teileproduzenten – zeigen Lösungen in diesem Bereich. Je nach Bedarf sind ihre Produkte am besten geeignet; möglicherweise ist aber auch spanabhe­bende Bearbeitung besser. Die Siams zeigt alle Lösungen.

Sehen Sie weitere Veränderungen in der Ausrichtung der ­Mikrotechnik-Unternehmen, die im Arc jurassien angesiedelt sind? Welche technischen Trends und Tendenzen zeichnen sich aus Ihrer Sicht noch ab, welche Herausforderungen?
Die Industrie kämpft um immer mehr Effizienz, sei es im ­Bereich der Energie oder der Produktion. Die Entwicklung von Mikromaschinen schreitet immer weiter voran, und mehrere davon werden an der Siams zu sehen sein, ebenso wie eine Mikrofabrik. Aber das ist nicht die Lösung für alle Herausforderungen einer Bearbeitung, und deshalb werden auch zahlreiche Innovationen bei den ‹klassischeren› Technologien vorgestellt. Auch die Peripheriegeräte werden nicht zu kurz kommen; zahlreiche Neuheiten im Bereich der Stromversorgung und der Peripheriegeräte für Maschinen wurden bereits angekündigt. Die Hersteller von Zubehör, aber auch von Werkzeugen und Materialien werden ebenfalls mit Innovationen aufwarten, die die gesamte Branche vorantreiben. Mehrere Aussteller kommen mit Produkten und Dienstleistungen her, die KI nutzen – das ist bereits Realität.

Letzte Frage: Was wünschen Sie ganz persönlich für den ­‹Planeten Siams›?
Dass er immer ein Ort bleibt, den man gerne aufsucht, weil man hier nicht nur Aussergewöhnliches entdecken und ­Lösungen finden kann, sondern auch Kontakte knüpfen und Geschäfte machen, und zudem auch einen wunderbaren Tag in unserer berühmten sympathischen Atmosphäre erlebt, von der wir zu Beginn des Interviews gesprochen haben. Wir arbeiten hart und mit viel Leidenschaft daran, dies zu ermöglichen.

... und für den Planeten Erde?
Wenn nur alle Erdbewohner so aussergewöhnlich wären wie unsere Aussteller ...

Selina Mathis